Münster (epd). Der Sprachgebrauch des thüringischen AfD-Vorsitzenden Björn Höcke ist nach Ansicht des Münsteraner Soziologen Andreas Kemper ein Angriff auf die demokratische Gesellschaft. Der AfD-Politiker arbeite darauf hin, Sprache in seinem Sinne als Vorbereitung auf eine „Revolution“ zu verändern, sagte Kemper dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Höcke habe schon 2013 deutlich gemacht, dass es ihm darum gehe, einen angeblichen Mehltau der politischen Korrektheit, der auf der Gesellschaft liege, wegzufegen, damit endlich wieder klar gesprochen werden könne, sagte Kemper. In der AfD trete Höcke für eine Veränderung der Sprache ein, hin zu einer „patriotischen Sprache“, wie er es nenne. In diesen Zusammenhang müsse auch die Aussage „Alles für Deutschland“ eingeordnet werden, für die Höcke sich derzeit in Halle (Saale) vor Gericht verantworten muss.
Er glaube der Erklärung Höckes nicht, dass dessen Satz „Alles für Deutschland“ eine unverfängliche Formulierung sei, sagte Kemper. Als ehemaliger Geschichtslehrer habe Höcke wahrscheinlich gewusst, dass dieser Satz auf die NSDAP-Parteimiliz „Sturmabteilung (SA)“ zurückgehe.
Die gesamte Rhetorik Höckes zeige, dass der AfD-Mann schon seit Langem systematisch NS-Begriffe in seine Sprache einfließen lasse, sagte der Wissenschaftler, der sich intensiv mit der Sprache Höckes befasst und unter anderem Hinweise auf dessen Autorenschaft für drei Artikel in Neonazi-Zeitungen gefunden hat. So habe Höcke etwa von „organischer Marktwirtschaft“ gesprochen, was nahe am NS-Begriff „organische Wirtschaft“ liege. Höcke benutze auch Ungeziefer-Metaphorik.
Höcke steht derzeit vor dem Landgericht Halle wegen mutmaßlicher Nazi-Parolen (AZ: 5 KLs 6/23). Der nächste Verhandlungstermin ist am Dienstag. Der AfD-Politiker soll laut Anklage eine Rede mit der Formel „Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland“ beendet zu haben. Höcke bestreitet die Vorwürfe.