Lemke: Naturraum nicht durch Enteignungen wieder herstellen

Lemke: Naturraum nicht durch Enteignungen wieder herstellen
Wälder, Moore, Auen: Für einen besseren Klimaschutz müssen Flächen in Deutschland renaturiert werden. Enteignung hält Umweltministerin Lemke für das falsche Mittel, um das zu erreichen. Sie setzt auf Freiwilligkeit.

Berlin (epd). Zur Wiederherstellung von Ökosystemen hält Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) Enteignungen von Flächen für das falsche Instrument. Damit laufe man Gefahr, den „so positiv besetzten Naturschutz“ aufs Spiel zu setzen, sagte die Ministerin am Freitag in Berlin bei der Vorstellung einer Stellungnahme des Sachverständigenrates für Umweltfragen zur Wiederherstellung der Natur. Bei Renaturierungsmaßnahmen solle man vielmehr auf Dialog, Kooperation und pragmatische Lösungen setzen.

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen betont in seiner Stellungnahme „Renaturierung: Biodiversität stärken, Flächen zukunftsfähig bewirtschaften“, dass Renaturierung eine gesellschaftliche Aufgabe sei. Ökosysteme wiederherzustellen werde auch Konflikte um Flächennutzung, wirtschaftliche Aspekte und Konsumverhalten mit sich bringen, heißt es in dem Papier. Der Sachverständigenrat fordert deshalb eine Renaturierungspolitik, die diese Konflikte minimiert und Synergien zwischen Naturschutz und Landnutzung erzeugt.

Der Rechtsexperte Wolfgang Köck, der Mitglied des Sachverständigenrats ist, geht davon aus, dass mit einer „klugen Förderpolitik“ genügend Anreize für Renaturierungsmaßnahmen gesetzt werden können, um Lösungen zu finden. Trotzdem betonte er die Notwendigkeit eines gültigen Rechtsrahmens. Wenn man nur beim Freiwilligkeitsansatz bleibe, werde es einen Flickenteppich geben, warnte er. Gerade bei der Wiedervernässung von ehemaligen Mooren könne man diese nicht nach Grundstücken abgrenzen. Auch Eigentümer an Randlagen könnten von solchen Vernässungen betroffen sein. Diese sollten bei einem Eingriff in Eigentumsstrukturen mit Ausgleichsleistungen entschädigt werden, schlug Köck vor.

Die EU plant ein Gesetz zur Wiederherstellung der Natur, in dem verbindliche Ziele für die Renaturierung geschädigter Ökosysteme wie Meere, Flüsse, Wälder und Agrarlandschaften festgelegt werden sollen. Die EU-Mitgliedstaaten hatten sich nach langen Verhandlungen auf einen Kompromiss geeinigt. Die Zustimmung zum Vorhaben galt als sicher, bis Ungarn seine Unterstützung Ende März zurückzog. Auch Österreich, Finnland, Italien, die Niederlande, Polen und Schweden sind gegen das Gesetz. Seitdem steht eine Bestätigung im EU-Ministerrat aus.

Die Bundesregierung unterstützt das EU-Gesetz. Umweltministerin Lemke hofft, dass die Regelung spätestens nach der Europawahl am 9. Juni noch umgesetzt werden kann. „Gesunde und stabile Ökosysteme sind unsere Überlebensversicherung und Partner im Kampf gegen die Klimakrise“, betonte die Grünen-Politikerin. Sie seien natürliche CO2-Speicher. Ohne geeignete Maßnahmen, die zur Wiederherstellung der Natur beitragen, werde Deutschland seine Klimaschutzziele für den Landnutzungssektor absehbar verfehlen, prophezeite die Ministerin.

Deutschland plant nach Angaben des Umweltministeriums weitere Maßnahmen zur Renaturierung. Sie sollen auf dem EU-Gesetz aufbauen und in einem nationalen Plan zusammengefasst werden.