Den Kirchen warf der Autor und diesjährige Preisträger des Kleist-Preises vor, sich mittlerweile mehr als Gewerkschaften zu verhalten. Stattdessen sollten sie wieder stärker Glaubenserlebnisse vermitteln, sagte Kermani auf der Abschlussveranstaltung der Veranstaltungsreihe "Dialoge zum Frieden", die an den Westfälischen Frieden von 1648 erinnert.
Der Münsteraner Politikwissenschaftler Ulrich Willems erklärte, die Kirchen in Deutschland seien auf Grund der Staatsverträge, die das Verhältnis von Staat und Kirche regelten, in einem "systemischen Vorteil". Dieser Anzug, der perfekt passe, müsse jetzt auch in der zunehmend multikulturellen Gesellschaft für die anderen Religionsgemeinschaften erweitert werden.
Der Wissenschaftler vom Hochschul-Exzellenzcluster "Religionen und Politik" sprach sich zudem dafür aus, dass Menschen ihren Glauben auch durch die Art ihrer Kleidung öffentlich sichtbar machen dürfen. Zwar sei das staatliche Neutralitätsgebot strikt einzuhalten, sagte Willems. Aber in den Schulen sollte die Frage, ob eine Lehrerin ein Kopftuch tragen dürfe, im Einzelfall entschieden werden. So könne ein Kopftuch oder ein Gebetsschal, wie ihn die Juden tragen, auch ein Anlass sein, um miteinander ins Gespräch zu kommen.