Berlin, Mainz (epd). Der Komponist Aribert Reimann (1936-2024) ist tot. Er starb am Mittwoch in Berlin, wenige Tage nach seinem 88. Geburtstag am 4. März, wie der Schott Musikverlag am Donnerstag in Mainz unter Berufung auf Reimanns Familie mitteilte.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) würdigte Reimanns umfangreiches Werk. Reimann habe nicht nur zu den meistgespielten, sondern auch zu den produktivsten Opernkomponisten unserer Zeit gehört. Neben zahlreichen Opern gehörten dazu Liederzyklen, Kammermusik, Instrumentalstücke und Chor- sowie Orchesterwerke.
Insbesondere die Vertonung literarischer Stoffe mit Bezügen zur Gegenwart habe seinen einzigartigen Rang im zeitgenössischen Musikleben begründet, sagte Roth. So fußen Liedkompositionen unter anderem auf literarischen Vorlagen von Ingeborg Bachmann (1926-1973), Paul Celan (1920-1970) und James Joyce (1882-1941). Dabei habe die von Reimann geschaffene Musiksprache eine große Eindringlichkeit ausgezeichnet: „Seine Musik und sein Wirken werden wir in guter Erinnerung halten“, betonte Roth.
Reimann galt als einer der „profiliertesten Komponisten der Nachkriegsgeneration“, wie der Schott-Verlag schreibt, wo seit 1960 die Werke des Komponisten erscheinen. Bei seinem letzten öffentlichen Auftritt am 8. Februar in Berlin war der Komponist für sein Lebenswerk mit dem Deutschen Musikautor:innenpreis der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (Gema) ausgezeichnet worden. Die Jury würdigte dabei Reimanns „anhaltende künstlerische Brillanz, sein einzigartiges Werk und seinen bedeutenden Beitrag zur zeitgenössischen Musikkultur“.
Reimann komponierte expressiv, atonal, und manchmal zwölftönig. Beeinflusst wurde er unter anderem von den Komponisten Krzysztof Penderecki (1933-2020) und Alban Berg (1885-1935). Für sein Werk bekam er zahlreiche Auszeichnungen, darunter auch die Aufnahme in den Orden Pour le mérite für Wissenschaften und Künste.
Reimann stammte aus einer Berliner Musikerfamilie, seine Mutter war Sängerin, sein Vater evangelischer Kirchenmusiker. Er studierte in West-Berlin Klavier und Komposition sowie in Wien Musikwissenschaft. Eine enge Partnerschaft verband ihn mit dem Bariton Dietrich Fischer-Dieskau (1925-2012), für den er auch komponierte. Von 1974 bis 1998 hatte er Professuren für das zeitgenössische Lied in Hamburg und Berlin inne.
Mit der Oper „Lear“, ein Hauptwerk der Oper im 20. Jahrhundert, gelang ihm 1978 der internationale Durchbruch. Sie wurde seitdem an mehr als 40 Opernhäusern weltweit gespielt „und hat auch heute einen festen Platz in den Spielplänen“, heißt es in der Laudatio zum Gema-Preis vor wenigen Wochen. Reimann erklärte damals zur Preisverleihung: „Jeder Komponist sollte seine eigene Sprache finden. Das ist mir doch ein stückweit gelungen.“