Münster (epd). Der Münsteraner Verfassungsrechtler Fabian Wittreck geht im Verfahren der AfD gegen den Verfassungsschutz von weiteren Verzögerungen aus. Auch wenn das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht neue Termine anberaumt, werde die AfD das Verfahren mit weiteren Anträgen in die Länge ziehen, sagte Wittreck dem Evangelischen Pressedienst (epd). Nach Einschätzung des Juristen hat die AfD jedoch wenig Aussichten, die Einstufung als rechtsextremer Verdachtsfall zu kippen. Am Mittwochabend hatte das OVG Münster das Berufungsverfahren vertagt, nachdem die AfD zuvor die Verhandlung durch zahlreiche Anträge verzögert hatte.
epd: Wie bewerten Sie das Vorgehen der AfD bei der Verhandlung: Sehen Sie die vielen Anträge sachlich begründet oder war das eine Verzögerungstaktik?
Wittreck: Wer vor dem Oberverwaltungsgericht so auftritt wie die AfD, macht sich keine Hoffnung, etwas in der Sache zu erreichen. Diese Art der Konfliktverteidigung ist vor einem Oberverwaltungsgericht eher ungewöhnlich. Normalerweise tritt man da anders auf.
Meiner Einschätzung nach wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln im Kern bestätigt, nach der die Partei, der sogenannte Flügel und die Jugendorganisation „Junge Alternative“ als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft sind. Da ist so viel in der Sache zusammengetragen, dass bereits die nächste Eskalationsstufe erreicht ist: nämlich die Einschätzung als „gesichert rechtsextrem“.
epd: Was für Handlungsmöglichkeiten hat denn ein Gericht, wenn eine Partei die Verhandlung offenkundig mit zahlreichen Anträgen verzögern will?
Wittreck: Das ist schwierig. Das Gericht muss in der Tat über jeden Antrag irgendwie entscheiden, auch wenn das knapp ausfallen kann. Wenn jemand auf offene Konfrontation setzt, kann er die Verhandlung damit lange rauszögern.
epd: Wie geht es jetzt mit dem Verfahren weiter?
Wittreck: Der Ball liegt zunächst beim Gericht, was neue Termine anbelangt. Sobald das Gericht neue Termine anberaumt, wird die AfD aber weiter verzögern und einen Verschiebungsantrag stellen. Die Termine am Dienstag und Mittwoch waren ja schon Ersatztermine für die ursprünglich für Februar vorgesehenen Verhandlungen. Die erste Reaktion der AfD wird sofort sein: „Wir brauchen mehr Zeit“. Und wenn der Antrag nicht genehmigt wird, liegt sofort der nächste Befangenheitsantrag auf dem Tisch.
Möglicherweise gibt es bald eine neue Eskalationsstufe, wenn das Bundesamt für Verfassungsschutz ein neues Gutachten veröffentlicht, wie das offenbar geplant ist. Das kann nur bedeuten, dass man eine Verdachtsstufe höher geht und die ganze Partei als gesichert rechtsextrem eingestuft.