Berlin (epd). Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, plant eine bundesweite Erhebung zur Häufigkeit sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Dazu sollen Befragungen in 9. Schulklassen in allen Bundesländern stattfinden, sagte Claus am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dafür soll ein Forschungszentrum gegründet werden, für das eine Ausschreibung in den nächsten Wochen veröffentlicht werden soll.
Ziel sei es, eine valide Datengrundlage für ihre geplante Berichtspflicht gegenüber dem Bundestag zu schaffen. Dazu müsse man möglichst nah heran an junge Menschen, sagte Claus. Die Befragungen sollen demnach in einer repräsentativen Stichprobe von 9. Klassen stattfinden und fachlich und mit Hilfeangeboten begleitet werden, da unter den Befragten auch Betroffene von sexueller Gewalt sein werden. Dafür seien forschungsethische Leitlinien im Nationalen Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen entwickelt worden.
Langfristig sollen alle vier Jahre solche Studien entstehen. „Wir wollen wissen, was sich ändert, was wirkt und wie sich Tatkontexte und Risikoräume verschieben“, sagte Claus. Für das geplante Prävalenzforschungszentrum seien im Haushalt jährlich rund 1,7 Millionen Euro veranschlagt.
Am Montag hatte das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) Mannheim mitgeteilt, an einer repräsentativen nationalen Dunkelfeldstudie zur Häufigkeit von sexualisierter Gewalt zu arbeiten. Der forensische Psychiater Harald Dreßing leitet die Studie, deren Ergebnisse bis Ende des Jahres vorliegen sollen. Diese Studie könne dazu beitragen, auch sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen in den vergangenen Jahrzehnten zu erforschen, und sei damit eine gute Ergänzung zu ihren Planungen, sagte Claus.
Auf Basis einer Zufallsstichprobe wurden für die Mannheimer Studie bundesweit 92 Kommunen ausgewählt. In jeder werden per Post an 100 Bürger Fragebögen verschickt. So soll ein repräsentatives Abbild der deutschsprachigen Wohnbevölkerung von 18 bis 59 Jahren entstehen.
Beteiligt sind neben dem ZI auch die Universitäten Ulm und Heidelberg. Die Studie erhält Drittmittel von der „Weisser Ring Stiftung“, dem Verein Eckiger Tisch und dem Kinderschutzbund. Die genauen Kosten für die Studie sind nicht bekannt.