Augsburg (epd). Europa darf laut dem deutschen Astronauten Alexander Gerst in der Raumfahrt nicht ins Hintertreffen geraten. „Bei dieser Kette von Mondmissionen, die in den nächsten Jahren anstehen, ist es sehr wichtig, dass Europa dabei ist“, sagte Gerst im Interview mit der „Augsburger Allgemeinen“ (Montag). Andere Raumfahrtnationen wie China und Indien erhöhten ihr Budget und Engagement exponentiell. „Es besteht die Gefahr, dass wir Europäer unseren Platz am Tisch der führenden Raumfahrtnationen verlieren, und bedeutungslos werden.“
Die Erforschung des Mondes „kann für uns als Menschheit überlebenswichtig werden“, mahnte der Astronaut der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Man könne nur dort Meteoritenkrater richtig untersuchen und daraus Rückschlüsse ziehen, wie wahrscheinlich Einschläge von Asteroiden auf der Erde seien. „Vielleicht bauen wir irgendwann ein Teleskop auf dem Mond, welches die Erde viel besser vorwarnen kann. Oder eine Startbasis für Missionen zum Ablenken eines gefährlichen Asteroiden.“
Den Mond sieht Gerst, der bereits zwei Mal auf der Internationalen Raumstation ISS war, als achten Kontinent. Mit dem Raumschiff sei der Mond in drei Tagen zu erreichen. „Er ist wie ein Geschichtsbuch für uns, weil er vermutlich aus der Erde heraus entstanden ist.“ Auch sei die Entwicklung der Sonnenwinde der vergangenen Jahrmillionen vermutlich im Mondstaub konserviert. „Ein Blick in die Vergangenheit ist immer ein Blick in die Zukunft.“ Sonnenstürme haben Auswirkungen auf elektrische Geräte auf der Erde - und damit auch auf Computersysteme, Stromversorgung oder den Flugverkehr.
Er vergleiche die Erforschung des Mondes manchmal mit den Forschungsstationen in der Antarktis, sagte Gerst. „Was wollen wir bloß im ewigen Eis, hat man sich damals gefragt?“ Heute sei man heilfroh über die Daten aus der Antarktis, um den Klimawandel zu verstehen. „Man kann im Weltraum Dinge entdecken, von denen man vorher noch nichts ahnt, die aber wichtig sind für das Leben auf der Erde.“