Berlin (epd). Der Sachverständigenrat für Integration und Migration rät aus rechtlichen und integrationspolitischen Gründen von einer Arbeitspflicht für Flüchtlinge ab. „In Anlehnung an frühere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts könnte die Arbeitspflicht für Asylsuchende mit Sanktionsmöglichkeit als Eingriff in die persönliche Freiheit Einzelner verstanden werden“, erklärte der Rechtswissenschaftler Winfried Kluth, Mitglied in dem Gremium, am Dienstag in Berlin. Es sei dann fraglich, ob die Arbeitspflicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei.
Kluth führte aus, dass das Grundgesetz vorschreibe, dass niemand zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden dürfe. „Es gibt nur zwei Ausnahmen: eine herkömmliche allgemeine, für alle gleiche öffentliche Dienstleistungspflicht sowie Zwangsarbeit bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung“, sagte er. Beides liege nicht vor.
Der Vorsitzende des Sachverständigenrats, Hans Vorländer, machte integrationspolitische Bedenken geltend. Zwar sei es richtig, dass Beschäftigung einen wichtigen Beitrag zur Integration leiste. „Doch ob dies im Zuge einer Arbeitspflicht für Asylsuchende geschehen kann, ist sehr zweifelhaft“, sagte er. Die Arbeitsgelegenheiten würden kaum den etwaigen Qualifikationen und auch Interessen der Betroffenen entsprechen und trügen damit voraussichtlich nicht entscheidend zu einer nachhaltigen Arbeitsmarktintegration bei.
Der Saale-Orla-Kreis in Thüringen hatte die Durchsetzung einer Arbeitspflicht für Asylbewerber beschlossen. Seitdem wird diskutiert, diese Pflicht andernorts einzuführen.