Berlin (epd). Der scheidende Chef der Ständigen Impfkommission (STIKO), Thomas Mertens, ist nach eigenen Worten erstaunt und erschrocken über das tiefe Misstrauen mancher Menschen gegenüber Fachleuten. Es werde Fachleuten unterstellt, dass sie nicht primär aus inhaltlichen Gründen auf der Grundlage von Daten agieren, sondern aus unlauteren Beweggründen, sagte der Virologe, der in der Pandemiezeit einer der bekanntesten Corona-Experten war, der „tageszeitung“ (Samstag): „Wo kommt das her? Ist das die Lebenserfahrung dieser Menschen oder handeln sie selbst so?“
Für ihn selbst gelte, wenn er Dinge nicht verstehe und wenn er die Evidenz nicht kenne, „dann halte ich meinen Mund“: „Und wenn ich etwas so spannend finde, dass ich mich gern dazu äußern würde, dann muss ich mich eben einarbeiten. Alles andere ist gefärbt von dem, was ich gern als Ergebnis hätte.“
Zu den Anfeindungen gegen ihn selbst in der Corona-Zeit sagte der 74-Jährige, er sei von Hause aus kein ängstlicher Mensch. Das habe sich während Corona in vielerlei Hinsicht bewährt: „Wir wurden angepöbelt beim Einkaufen, beim Sonntagsspaziergang. Meiner Frau hat das wesentlich mehr ausgemacht als mir.“
Die epidemiologischen Aspekte der Corona-Pandemie hätte er als Virologe vorhersagen können: „Aber diese gewaltigen gesellschaftlichen, sozialen, wirtschaftlichen und psychischen Auswirkungen, das habe ich nicht vorhergesehen.“