Mannheim (epd). Trotz unterlassener Impfung haben Arbeitnehmer und Selbstständige dem baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshof zufolge einen Anspruch auf Verdienstausfallentschädigung während der Corona-Quarantäne. Selbst mit einer Impfung hätten sie eine Infektion nicht mit der gesetzlich geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ verhindern können, entschied das Gericht in zwei am Dienstag in Mannheim veröffentlichten Urteilen (AZ: 1 S 484/23 und 1 S 678/23). Sie sind noch nicht rechtskräftig.
Geklagt hatten eine Arbeitnehmerin und ein selbstständig tätiger Versicherungsmakler. Sie forderten vom Land Baden-Württemberg Verdienstausfallentschädigungen für eine behördlich angeordnete Quarantäne infolge einer festgestellten Covid-19-Infektion im Oktober und November 2021. Beide waren nicht oder nicht vollständig geimpft und befanden sich in einer mehrtägig angeordneten Quarantäne.
In der Urteilsbegründung heißt es, die damals zugelassenen Impfstoffe gegen Covid-19 hätten mit einer Wirksamkeit von etwas mehr als 70 Prozent nicht dem gesetzlich anzulegenden Vermeidbarkeitsmaßstab genügt. Laut dem Infektionsschutzgesetz erhält keine Entschädigung, wer durch eine Schutzimpfung eine Absonderung hätte vermeiden können.
Die vom beklagten Land in Bezug genommenen 72 bis 75 Prozent an Schutzwirkung genügten nicht, erklärten die Mannheimer Richter. Nötig sei der Wirksamkeitsgrad einer Schutzimpfung von mindestens 90 Prozent, wie dies etwa bei der Masernschutzimpfung der Fall sei. Eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht ist möglich.