Duisburg, Berlin (epd). Die Kindernothilfe fordert dringend mehr Unterstützung für minderjährige Opfer sexualisierter Gewalt in der Ukraine. Patriarchale Strukturen, Stigmatisierung, fehlende Aufklärung und beschwerliche Ermittlungs- und Strafverfahren trügen dazu bei, dass Übergriffe häufig nicht angezeigt würden, heißt es in einer am Mittwoch in Berlin vorgestellten Studie der christlichen Hilfsorganisation über sexualisierte Gewalt gegen Kinder in der Ukraine. Der Krieg erschwere den Zugang zu Hilfsangeboten. Außerdem werde sexualisierte Gewalt offenbar als Kriegstaktik eingesetzt.
Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft hat laut Studie 2023 insgesamt mehr als 900 Fälle sexualisierter Gewalt gegen Kinder registriert. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022 wurden bei der Behörde überdies 13 Fälle von „konfliktbezogener sexualisierter Gewalt“ gegen Kinder durch russische Soldaten dokumentiert. Diese „barbarische“ Form von Gewalt als Kriegstaktik anzuwenden, sei „zutiefst abstoßend und unerträglich“, sagte Kindernothilfe-Vorstand Carsten Montag. Die Täter müssten zur Rechenschaft gezogen werden.
Man gehe von einer extrem hohen Dunkelziffer aus, da Daten aus den ukrainischen Provinzen nahe der Kriegsfront sowie aus den russisch besetzten Gebieten fehlten. Das wahre Ausmaß der Problematik werde wahrscheinlich erst in den kommenden Jahren bekannt werden.
Für die Studie „Kindern ermöglichen, darüber zu sprechen“ wurden den Angaben zufolge im Dezember 2023 und Januar 2024 insgesamt 19 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Mitarbeitende von Nichtregierungsorganisationen und staatlicher Institutionen interviewt. Zwei der befragten Experten hätten berichtet, dass ihnen auch einzelne Fälle von sexualisierter Gewalt bekannt seien, die von ukrainischen Soldaten begangen wurden, hieß es.