Oberursel (epd). Mit der Gründung der Partei „Dava“ will die türkische Regierung nach Einschätzung des Journalisten und Publizisten Eren Güvercin Einfluss in Deutschland und Europa nehmen. Der Spitzenkandidat für die Europawahl, Fatih Zingal, sei jahrelang in einer Lobbyorganisation der Erdogan-Partei AKP aktiv gewesen, sagte das Beiratsmitglied der Alhambra-Gesellschaft in Berlin in einem Interview der Zeitschrift Publik-Forum (Ausgabe vom 23. Februar). Auch die anderen Vertreter hätten klare Bezüge zum türkisch-nationalistischen oder islamistischen Milieu. Der Vorsitzende Teyfik Özcan habe den Genozid an den Armeniern als Mythos bezeichnet.
Der Parteiname, der als Abkürzung für „Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch“ steht, bedeute im Islam „Mission“ und sei als solcher Begriff eng mit der religiösen Agenda der AKP verknüpft, erklärte Güvercin. Mit der Begründung der Partei, sich gegen Muslimfeindlichkeit einzusetzen, bekräftigten die Parteigründer das besonders vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gepflegte Narrativ, Deutschland werde immer rassistischer.
Der Publizist sprach „Dava“ ab, sich wie behauptet gegen Rassismus und Antisemitismus einsetzen zu wollen. „Da muss ich mir nur ansehen, was sie zum Israel-Gaza-Krieg gesagt haben.“
Güvercin bezweifelte zugleich, dass die Partei professionelle Strukturen aufbauen könne und sich etablieren werde. Die Vertreter hätten „große Egos“ und würden in Machtkämpfe verfallen. Auch glaube er nicht, dass die neue Partei viele Menschen mobilisieren werde, erklärte Güvercin. Türkeistämmige Deutsche bildeten eine große Vielfalt. Aber wenn es der Partei gelinge, zwei oder drei Leute ins Europaparlament zu schicken, „könnten sie als Lautsprecher der AKP fungieren“.