Ranis (epd). Der anatomisch moderne Mensch (Homo sapiens) hat das nördliche Mitteleuropa deutlich früher erreicht als bislang angenommen. Funde aus einer Grabung in der Ilsenhöhle am Fuße der heutigen Burg Ranis in Ostthüringen belegten die Ankunft bereits vor 45.000 Jahren, sagte Sven Ostritz vom Landesamt für archäologische Denkmalpflege am Donnerstag. Bislang sei die Frühmenschenforschung von einer Erstbesiedlung vor erst 40.000 Jahren ausgegangen.
Die Fundstelle sei bereits seit über 90 Jahren bekannt. Die aktuellen Funde stammten aus einer Grabung des Landesamtes mit dem Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie Leipzig aus den Jahren 2016 bis 2022. Es handele sich um insgesamt 13 menschliche Knochenfragmente von mehreren miteinander verwandten Personen, sagte Ostritz. Die Forschungen zur genauen Zahl der Individuen seien noch nicht abgeschlossen.
Marcel Weiß von der ebenfalls an der Grabung beteiligten Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg erklärte, in der Fundstelle sei damit der älteste Nachweis des Homo sapiens im nördlichen Europa erbracht worden. Die Datierung sei mittels modernster technischer Verfahren, aber auch anhand der bearbeiteten Steinklingen vorgenommen worden. Diese Werkzeuge des Homo sapiens unterschieden sich deutlich von ähnlichen Werkzeugen des zu dieser Zeit in Europa bereits beheimateten Neandertalers.
Zur Bergung der Funde habe in der Höhle ein acht Meter tiefer Schacht gegraben werden müssen. Aus der Fundsituation lasse sich ableiten, dass vor 45.000 Jahren das Klima in Mitteleuropa deutlich kälter gewesen sei als heute.