Frankfurt a.M. (epd). Nach dem Einsturz eines Kirchendachs in Kassel überprüfen mehrere evangelische Landeskirchen und katholische Bistümer die Stabilität ihrer Kirchenbauten. Einzelne Gebäude wurden bereits vorsorglich gesperrt, wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) unter den 20 Landeskirchen und 27 Bistümern in Deutschland ergab.
Anfang November war in Kassel das Dach der katholischen Elisabethkirche eingebrochen. Dabei wurde ein Mensch leicht verletzt. Als Unglücksursache steht im Verdacht, dass der Leim der Holzdachkonstruktion altersbedingt nachgegeben hat. Im Fokus vieler Untersuchungen stehen daher Bauten mit einer ähnlichen Bauzeit und einer ähnlichen Konstruktionsweise wie die der 1960 fertiggestellten Kasseler Elisabethkirche.
Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau überprüft derzeit 70 Gebäude aus den 1960er und 1970er Jahren. Sie habe zwischenzeitlich sechs Bauten gesperrt, darunter die Philippuskirche in Frankfurt am Main und zwei Bauten in Darmstadt, sagte ihre Sprecherin Caroline Schröder. Eine Kirche im Hofheimer Stadtteil Marxheim und eine in Darmstadt seien nach der Prüfung mittlerweile wieder geöffnet.
Auch das Erzbistum Freiburg hat den Zugang zu einer Kirche gesperrt. In dem in den 1960er Jahren erbauten Gotteshaus St. Gallus in Hugstetten bei Freiburg seien Schäden an der Dachkonstruktion festgestellt worden. In München-Harlaching ist die evangelische Emmauskirche wegen Einsturzgefahr derzeit geschlossen.
Im Bistum Essen stünden derzeit 138 Kirchen unter Beobachtung, die zwischen 1945 und 1980 errichtet worden sind, teilte das Bistum mit. Derzeit liefen Untersuchungen, welche dieser Gebäude zu jenen mit geleimten Dachkonstruktionen zählen. Vorsorgliche Schließungen zeichneten sich aber derzeit nicht ab, hieß es. Auch das Bistum Münster und die Evangelisch-Lutherische Landeskirche in Bayern überprüfen alle Kirchen mit Holzdachtragwerken und entsprechenden Bauzeiten. Die Bistümer Mainz und Fulda teilten mit, sie ermittelten derzeit alle infrage kommenden Kirchenbauten.
Im Osten Deutschlands haben Kirchen und Bistümer weniger Probleme. Die Sprecherin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Susanne Sobko, sagte, es brauche keine Prüfung von Gebäuden aus der fraglichen Bauzeit: „In der ehemaligen DDR wurden zu dieser Zeit ja so gut wie keine Gebäude gebaut.“ Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz teilte mit, Kirchen, die nach 1945 gebaut wurden, gebe es nur im Westen Berlins. Dort sei derzeit aber kein Gebäude besonders gefährdet.
Keine Probleme mit der Stabilität kirchlicher Dächer meldeten im Westen auf katholischer Seite die Bistümer Rottenburg-Stuttgart, Speyer, Passau und Trier sowie die evangelischen Landeskirchen von Württemberg und Baden, die Nordkirche, die lippische und die bremische Landeskirche. Die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck und die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland teilten mit, alle ihre Kirchengebäude müssten ohnehin einmal jährlich überprüft werden.
Mehrere Kirchenverwaltungen warten die Untersuchungsergebnisse aus Kassel ab, die Ende Januar oder Anfang Februar vorliegen sollen. Die Erzbistümer Hamburg, Köln und Paderborn erklärten, danach solle es einen Austausch unter allen Bistümern geben, dann prüfe man das weitere Vorgehen. Auch die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers teilte mit, sie werde abhängig vom Ergebnis entsprechende Gebäude ermitteln und untersuchen.
Nicht alle Bistümer und Landeskirchen gaben auf die epd-Umfrage Rückmeldungen, weil nicht sie Eigentümer der Kirchen und Gemeindehäuser sind, sondern ihre Gemeinden oder Kirchenstiftungen. Die Evangelische Kirche der Pfalz teilte beispielsweise mit, ob die Kirchengemeinden die landeskirchliche Bauabteilung oder einen Drittanbieter in die Instandhaltung und Überprüfung einbinden, entschieden diese selbst. Man biete den Gemeinden dabei aber Unterstützung an. Das Bistum Limburg erklärte, es habe alle Pfarreien angeschrieben, in denen es Gebäude mit Holzdachkonstruktionen gebe, und „entsprechend sensibilisiert“. Die Evangelische Kirche im Rheinland antwortete, sie wolle das tun, falls die Kasseler Untersuchung ein Risiko für bestimmte Bauarten nahelege.