Frankfurt a.M. (epd). Nach dem Medienbericht über ein AfD-Geheimtreffen mehren sich Forderungen aus Politik, Wissenschaft und Kirchen, demokratiefeindlichen Kräften politisch entgegenzutreten. „Wenn eine Partei ein politisches System gefährdet, muss die Demokratie sich verteidigen“, sagte der Göttinger Demokratieforscher Simon Franzmann im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) und verlangte eine klare Abgrenzung der demokratischen Mitte gegenüber der AfD.
Der evangelische Theologe Wilfried Manneke forderte alle Bürger und die Kirchen auf, sich deutlicher gegen Rechtsextremismus zu positionieren. „Jetzt müssen die Alarmglocken läuten. Alle, denen die Demokratie etwas wert ist, müssen das Wort ergreifen, unter Umständen sogar Demonstrationen organisieren und auf die Straße gehen“, sagte der Pastor und Vorsitzende der Initiative „Kirche für Demokratie - gegen Rechtsextremismus“ Niedersachsen dem epd.
Am Mittwoch hatte das Recherchenetzwerk „Correctiv“ einen Bericht über ein Treffen von AfD-Vertretern, Neonazis und Unternehmern veröffentlicht, bei dem Pläne zur Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland besprochen worden sein sollen. Demnach sollten nicht nur Menschen ohne deutschen Pass das Land verlassen müssen, sondern auch deutsche Staatsbürger mit internationalen Wurzeln.
Die Erfahrungen von Menschen, die von der rechten Ideologie direkt betroffen sind, fänden in Gesellschaft, Politik und Öffentlichkeit immer noch zu wenig Aufmerksamkeit, kritisierten rund 300 Migrantenorganisationen unter dem Dach des Paritätischen Gesamtverbandes. Es müsse klar sein, dass ihnen reale Gefahren drohen. „Die Sorge und das Bangen um eine sichere Zukunft in Deutschland ist für sie ganz real und existenziell“, hieß es in einem am Freitag veröffentlichten Aufruf.
Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) warnte am Freitag in Potsdam, durch das Erstarken der AfD drohe eine Einschränkung der Regierungsfähigkeit in den Ländern. Dies könne zu weiteren Frustrationen in der Bevölkerung über die Politik führen. Dieser Teufelskreis müsse durchbrochen werden.
Die meisten Menschen betrachteten die wachsende Zustimmung für die AfD als Zeiterscheinung, die wieder vorbeigehe, sagte der Theologe Manneke. Das sei gefährlich. Die Partei, die teilweise als gesichert rechtsextremistisch gilt, nutze die Unzufriedenheit vieler mit der Regierungspolitik aus und hetze gezielt gegen Politiker der Ampelkoalition, sagte der Träger des Paul-Spiegel-Preises für Zivilcourage.
Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) sagte am Donnerstagabend in Bremen, die AfD fördere eine Polarisierung, indem sie Zukunfts- und Überforderungsängste schüre. Anders als in den frühen 1930er Jahren lasse sich der Erfolg der Rechtspopulisten nicht mit der tatsächlichen Lage erklären. „Die Lage ist deutlich besser als die Stimmung im Land.“ Es gebe keinen weltweiten Zusammenbruch der Wirtschaft oder Massenarbeitslosigkeit, sondern vielmehr eine Rekordbeschäftigung, steigende Reallöhne nach der Corona-Krise, eine Mietpreisbremse und das Bürgergeld.
Der Direktor des Instituts für Demokratieforschung an der Universität Göttingen, Franzmann, blieb skeptisch hinsichtlich der Erfolgschancen eines AfD-Verbots. Die Diskussion um ein Verbot berge zudem die Gefahr, dass sie der AfD noch mehr Anhänger zutreibe, erläuterte der Politologe. „Sie gibt der AfD eine Art Opferstatus.“