Essen, Berlin (epd). Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir sieht angesichts der teilweise sehr emotionalen Bauern-Proteste die Gefahr einer zunehmenden Spaltung der deutschen Gesellschaft. Die Menschen auf dem Land hätten das Gefühl, abgehängt zu sein, sagte der Grünen-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwoch) in Essen. „Sie sorgen sich, dass sie in einer zunehmend von Städtern dominierten Politik unter die Räder kommen“, erklärte Özdemir. „Das ist ein gefährlicher Spaltpilz, der zu Verhältnissen wie in den USA führen kann: Man redet nicht mehr miteinander, man glaubt einander nicht mehr und unterstellt sich gegenseitig alles Böse dieser Welt.“
Der Minister rief dazu auf, grundsätzlich über die Rolle der Landwirtschaft zu reden. „Wir haben ein massives Problem, wenn die Interessen von Verbrauchern und Landwirtschaft auseinandergehen“, mahnte er. „Der Verbraucher möchte mehr Tierwohl, mehr Klimaschutz, mehr Umwelt- und Artenvielfalt - und das ist auch richtig so.“ Allerdings kaufe er nicht so ein, auch wenn er sich das leisten könnte.
Es könne nicht sein, dass der Landwirt die Rechnung für die Wünsche der Verbraucherinnen und Verbraucher zahle, erklärte der Minister. „Wenn wir beispielsweise mehr Tierschutz im Stall wollen, muss das finanziert werden, etwa durch eine Tierwohlabgabe“, sagte Özdemir. Das würde eine maßvolle Belastung beim Fleisch bedeuten - um wenige Cent pro Kilo. Özdemir rief in diesem Zusammenhang zu einem parteiübergreifenden Bündnis für eine Tierwohlabgabe auf.
Zugleich bestritt der Minister, dass die Pläne zur Streichung der Subventionen für Agrardiesel aus seinem Ministerium kommen. Er habe sich als Minister gegen jede Einschränkung beim Agrardiesel ausgesprochen. Mit den zunächst gefassten Beschlüssen wären die Landwirte überproportional betroffen gewesen, mahnte er. Er sei froh, dass die Bundesregierung die Streichung der Subventionen „an entscheidender Stelle korrigiert“ habe.