Karlsruhe (epd). Für die Auslieferung eines mutmaßlichen Straftäters in die Türkei muss dessen persönliche Teilnahme an der dortigen Hauptverhandlung möglich sein. Soll der Betroffene gegen seinen Willen nur per Videokonferenz aus dem Gefängnis zur Gerichtsverhandlung zugeschaltet werden, verletzt dies sein Recht auf ein faires Verfahren, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss. In solch einem Fall sei die Auslieferung unzulässig, erklärten die Karlsruher Verfassungsrichter. (AZ: 2 BvR 1368/23)
Konkret ging es um einen mutmaßlichen türkischen Drogendealer, der nach Überzeugung der türkischen Strafverfolgungsbehörden an der Einfuhr von rund neun Kilogramm Kokain aus den Niederlanden beteiligt war. Der Beschuldigte befand sich derzeit wegen einer anderen Strafsache im deutschen Maßregelvollzug. Die Türkei beantragte die Auslieferung des Mannes.
Nach Auskunft der türkischen Behörden sollte der Mann im Gefängnis in Yalvaç in Untersuchungshaft kommen. Die Gerichtsverhandlung war im rund 430 Kilometer entfernten Izmir vorgesehen. Dabei sollte der Angeklagte im Gefängnis verbleiben und per Videokonferenz zur Hauptverhandlung zugeschaltet werden. Das Oberlandesgericht (OLG) Celle erklärte die Auslieferung für zulässig.
Doch dies verstößt gegen das Recht des Mannes auf ein faires Verfahren, entschied das Bundesverfassungsgericht. Das OLG habe nicht ausreichend geprüft, ob der Angeklagte nach seiner freien Entscheidung überhaupt wählen kann, ob er persönlich oder nur per Videokonferenz an der Gerichtsverhandlung teilnehmen will. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sei das Recht auf persönliche Teilnahme für ein faires Strafverfahren aber „von zentraler Bedeutung“. Das OLG Celle muss nun neu über den Fall entscheiden.