Düsseldorf (epd). Der Volkswirt Sebastian Dullien dämpft die Erwartungen an das von der Bundesregierung versprochene Klimageld. „Ich halte die Hoffnungen auf ein entscheidendes Instrument des sozialen Ausgleichs für deutlich überzogen“, sagte der Wissenschaftliche Direktor des Düsseldorfer Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Unterschiede in der Belastung durch den steigenden CO2-Preis seien auch innerhalb einzelner Einkommensgruppen viel zu groß, um sie mit dem Klimageld ernsthaft abfedern zu können.
Dass sich die Ampel-Regierung noch schwertue, diese Entlastung der Bürgerinnen und Bürger zügig umzusetzen, hat für Dullien drei Gründe: So sei nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts einfach nicht genug Geld vorhanden, um sowohl ein Klimageld auszuzahlen als auch andere Transformationsprojekte umzusetzen. Zudem seien die Verwaltungswege zur Auszahlung noch nicht eingerichtet. Und die Regierung habe die Sorge, „dass das Klimageld so gering ausfallen würde, dass es nicht als ernsthafte Entlastung wahrgenommen wird“.
Angesichts der aktuell begrenzten Belastungen drohe keine Gefahr einer sozialen Spaltung. Anders sehe es jedoch aus, wenn ab 2027 die CO2-Preise deutlich steigen dürften. „Dann ersetzt nach den EU-Regeln ein Marktmechanismus die bislang von der Regierung relativ moderat gesetzte Preisgestaltung“, sagte der Professor. „Gegen eine dann drohende soziale Spaltung würde das Klimageld nur begrenzt helfen, weil es im Gießkannenprinzip die Einnahmen an alle verteilt, während die finanzielle Belastung zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen sehr ungleich verteilt ist.“
„Im Prinzip könnte man auch das Klimageld nur bis zu einer gewissen Einkommensgrenze zahlen. Das Problem ist allerdings, dass, wenn man diese Grenze recht hoch ansetzt, man nicht viel Geld spart, und wenn man sie zu niedrig ansetzt, viele Menschen, die finanziell stark belastet sind, die Entlastung nicht mehr bekommen würden.“ Das sei problematisch, weil die eigenen Forschungen zeigten, dass besonders in der Mitte der Einkommensverteilung viele Haushalte mit hoher Belastung durch den CO2-Preis existierten.
Noch gebe es keine Angaben aus der Regierung zur Höhe der künftigen Ausgleichszahlungen. Dullien: „Reden wir nur über die zusätzlichen CO2-Einnahmen aus dem Anstieg von 30 Euro pro Tonne auf 45 Euro, so geht es um etwa vier Milliarden Euro oder etwas weniger als 50 Euro pro Kopf und Jahr.“ Doch die CO2-Preise würden künftig deutlich steigen. Deshalb urteilte der Forscher: „Ich halte den Fokus auf das Klimageld als zentrales Element einer CO2-Bepreisung für falsch, weil auch mit dem Klimageld per saldo zu viele Verliererinnen und Verlierer entstehen. Es kann ein Baustein der Klimawende sein, aber nicht mehr.“