Frankfurt a.M., Genf (epd). Der Konflikt im Sudan hat sich nach Einschätzung des unabhängigen Analysten Roman Deckert zu einem Stellvertreterkrieg entwickelt. Der zentrale Akteur seien die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), die auf der Seite der RSF-Miliz stünden und ihnen laut Recherchen der „New York Times“ über den Tschad Waffen lieferten, sagte der Sudan-Experte dem Evangelischen Pressedienst (epd). Saudi-Arabien hingegen unterstütze die Armee und General Abdel Fattah al-Burhan.
„Im Sudan wird also auch eine Art Stellvertreterkrieg ausgefochten - das ist bislang wenig beachtet“, sagte Deckert. Die Emirate wollten eine regionale Großmacht werden. „Man könnte sagen, dass sie inzwischen aus Prinzip eine gegensätzliche Position zu Saudi-Arabien einnehmen.“
In dem nordostafrikanischen Land war Mitte April ein Machtkampf zwischen der Armee und den RSF („Rapid Support Forces“) eskaliert. Seitdem gibt es in vielen Teilen des Sudan Kämpfe. Laut den Vereinten Nationen wurden mehr als sieben Millionen Menschen durch den Krieg vertrieben.
Für eine friedliche Lösung müssten die VAE, aber auch Saudi-Arabien aufhören, eine der Seiten zu unterstützen, sagte Deckert. „Dann könnte der Krieg schnell beendet werden.“ Dafür brauche es mehr Druck der Weltgemeinschaft. Für die USA seien die Beziehungen zu Saudi-Arabien und den Emiraten aber wichtiger als der Sudan. Auch die Bundesregierung wolle es sich „offensichtlich nicht mit den VAE verscherzen“, sagte Deckert, der unter anderem für die Denkfabrik „Media in Cooperation and Transition“ (MiCT) arbeitet.
Acht Monate nach Beginn der Kämpfe sieht der Sudan-Experte die RSF-Miliz auf dem Vormarsch. Zuletzt hätten ihre Kämpfer die südlich von Khartum gelegene Stadt Wad Madani erobert, wo Hunderttausende Menschen Zuflucht gesucht haben. Viele RSF-Milizionäre seien als Söldner im Jemen, aber auch in Libyen, dem Tschad und der Zentralafrikanischen Republik gewesen. Sie seien kampferprobt und könnten schnell zuschlagen. „Es sieht gerade so aus, als könnten die RSF die Macht im ganzen Land übernehmen“, sagte Deckert.