Kassel (epd). Kinder mit im Ausland lebenden Eltern können für sich selbst regelmäßig kein Kindergeld beanspruchen. Nur wenn die Kinder Vollwaisen sind oder der Aufenthalt der Eltern im Ausland gänzlich unbekannt ist, könne der Kindergeldanspruch auf sie selbst übergehen, urteilte am Donnerstag das Bundessozialgericht in Kassel (AZ: B 10 KG 1/22 R).
Im konkreten Fall ging es um einen 2001 in Syrien geborenen Jungen, der 2015 als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Deutschland geflohen war. Im Streitzeitraum von September 2018 bis Juni 2019 verfügte er über eine Aufenthaltserlaubnis, die ihm auch eine Erwerbstätigkeit gestattete. Er führte einen eigenen Haushalt und besuchte die Schule.
Bei der Familienkasse beantragte er, dass ihm selbst das Kindergeld ausgezahlt werde. Sein Vater sei nach seiner Geburt gestorben, zu seiner Mutter habe er nur über Telefon und Internet sporadischen Kontakt. Zwischenzeitlich ist der Kläger nach Angaben seines Anwalts eingebürgert und studiert und könne das Kindergeld gut gebrauchen.
Der Kindergeldantrag wurde jedoch abgelehnt. Kindergeld stehe dem Grunde nach den Eltern zu. Da der Kläger den Aufenthaltsort seiner Mutter kenne, könne er für sich selbst kein Kindergeld beanspruchen.
Dem folgte auch das Bundessozialgericht. Kinder könnten nur ausnahmsweise für sich selbst Kindergeld erhalten, „wenn sie Vollwaise sind oder den Aufenthalt der Eltern nicht kennen“. Wer jedoch gelegentlich mit der Mutter telefoniere, kenne ihren Aufenthalt oder könne zumindest danach fragen.
Das Urteil hat vor allem für unbegleitete Flüchtlingskinder Auswirkungen, die in Deutschland eine Ausbildung anfangen und deren Eltern noch im Ausland leben. Erhalten Kinder allerdings Asylbewerberleistungen, wird das Kindergeld als Einkommen mindernd angerechnet.