Kassel (epd). Reservisten der Bundeswehr üben nach Einschätzung des Bundessozialgerichts (BSG) bei Reservistenübungen eine Erwerbstätigkeit aus. Sind die nicht mehr aktiven Soldaten auf Hilfeleistungen vom Jobcenter angewiesen, darf die Behörde die Einkünfte aus der Reservistentätigkeit zwar mindernd anrechnen, muss den Betroffenen aber auch den Erwerbstätigenfreibetrag gewähren, wie das Kasseler Gericht am Mittwoch klarstellte. (AZ: B 7 AS 15/22 R)
Im konkreten Fall erhielt der Kläger, ein Oberstleutnant der Reserve, Hartz-IV-Leistungen. Er nahm regelmäßig an mehrere Tage dauernden Reservistenübungen teil und erhielt hierfür eine sogenannte Mindestleistung sowie eine Reservistenprämie.
Das Jobcenter sah in der gezahlten Mindestleistung - hier 498,75 Euro für den Monat Juli 2017 - eine Sozialleistung zur Unterhaltssicherung. Eine Erwerbstätigkeit liege mit der Reservistenübung nicht vor. Sie sei vielmehr als ehrenamtliche Tätigkeit zu werten, um die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands zu erhalten. Daher könne der Soldat den vorgesehenen Erwerbstätigenfreibetrag von 100 Euro sowie eingeschränkt für darüber hinausgehende Einkünfte sich nicht auf das Arbeitslosengeld II, dem heutigen Bürgergeld, anrechnen lassen.
Das BSG urteilte, dass die wegen der Reservistenübung gezahlte „Mindestleistung“ Erwerbseinkommen sei. Die Übung sei eine Erwerbstätigkeit, sodass für die Einkünfte auch der Erwerbstätigenfreibetrag geltend gemacht werden könne. Die gewährte „Mindestleistung“ sei mit der Besoldung von Berufs- und Zeitsoldaten vergleichbar und diene der „Alimentation“.
Im Streitfall hatte der Soldat bereits aus formalen Gründen mit seiner Klage Erfolg. Das Jobcenter hatte die Einnahmen fehlerhaft einem falschen Monat zugeordnet.