Brüssel, Berlin (epd). Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sechs Monate vor der Europawahl die Prioritäten für die verbleibende EU-Legislaturperiode benannt. Die Verabschiedung der EU-Asylreform zählte Scholz dabei zu den Top-Prioritäten. „Wir brauchen eine Einigung mit dem Europäischen Parlament auf das gemeinsame europäische Asylsystem. Das hat für Deutschland hohe Priorität“, sagte Scholz am Mittwoch in einer Regierungserklärung vor dem Deutschen Bundestag. Ebenso wichtig sei eine engere Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern. „Dazu zählt auch, die EU-Türkei-Erklärung mit neuem Leben zu füllen“, erklärte der SPD-Politiker.
Die EU steht unter enormem Zeitdruck. Kommission, Mitgliedsstaaten und Parlament wollen die Asylreform noch vor der Europawahl im Juni 2024 verabschieden. Projekte, die nicht bis zur Wahl verabschiedet wurden, könnten in der nächsten Legislaturperiode wieder infrage gestellt werden. Aktuell befinden sich Kommission, Mitgliedsstaaten und Parlament in den abschließenden Verhandlungen, dem sogenannten Trilog.
Eine der wichtigsten Neuerungen der EU-Asylreform sind die sogenannten Grenzverfahren. Menschen mit geringen Bleibechancen sollen direkt an der EU-Außengrenze einbehalten werden. Dort sollen sie innerhalb von zwölf Wochen eine Art Schnellverfahren zur Asylvorprüfung durchlaufen. Wer keine Aussicht auf Asyl hat, soll direkt von der Grenze wieder abgeschoben werden.
Die Ampel-Regierung hatte sich ursprünglich darauf verständigt, Familien mit Kindern sowie unbegleitete Minderjährige bei den Grenzverfahren, die mit haftähnlichen Bedingungen verbunden sein werden, auszunehmen. Inzwischen hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) aber erklärt, Deutschland werde dem Gesetzestext auch zustimmen, wenn die Ausnahme nicht gelinge.