Berlin (epd). Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs hat die Rolle der Jugendämter bei Fällen sexueller Gewalt untersucht. Danach hindert die Angst vor dem Jugendamt Kinder, Jugendliche und auch Angehörige häufig, sich an die zuständige Behörde zu wenden. Das geht aus einer Studie aus Sicht von Betroffenen hervor, die die Kommission am Dienstag in Berlin vorstellte. Die Erfahrungen mit den Ämtern nach dem ersten Kontakt sind der Studie zufolge hingegen durchaus positiv. In etlichen Fällen wirkten Jugendämter aber auch abweisend oder überfordert.
Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die ihre Fallstudie auf der Basis von knapp 70 Anhörungen und Berichten Betroffener erstellt haben, formulieren Empfehlungen für die Jugendämter. Entscheidend beim ersten Kontakt sei, die Hilfesuchenden ernst zu nehmen und ein Klima zu schaffen, in dem sexuelle Gewalt angesprochen werden könne. In den meisten Fällen redeten Kinder und Jugendliche zunächst nicht über den Missbrauch. In fast der Hälfte der in die Studie einbezogenen Fälle (47 Prozent) wurden die Gewalttaten von Vätern, Stief- und Pflegevätern begangen.
Die Aufarbeitungskommission fordert, ein Recht auf Aufarbeitung gesetzlich zu verankern. Betroffene müssten Einsicht in die Jugendamtsakten nehmen können. Außerdem sollte ihnen ihre Akte zur eigenen Aufbewahrung angeboten werden, wenn die gesetzliche Aufbewahrungs-Frist abläuft, schlägt die Kommission vor. Es ist oft unmöglich, noch Aufzeichnungen von Ämtern zu finden, wenn die Erfahrungen der Betroffenen Jahrzehnte zurückliegen. Bei der Aufarbeitungskommission melden sich überwiegend Erwachsene, die als Kinder in der Familie, in Institutionen oder Kriminellen-Ringen sexuelle Gewalt erlitten haben.