Ärzten und Psychotherapeuten zufolge sind unter anderem die Wartezeiten auf eine Therapie viel zu lang. Betroffene sollten nicht mehr als drei Monate nach der Diagnose auf einen Platz warten müssen, sagte der Ulmer Kinder- und Jugendpsychiater Jörg Fegert. Zudem fehlten Bestimmungen zur Diagnose, Dokumentation und Abrechnung von Behandlungen, die als Folge von Missbrauch nötig geworden sind.
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Fegert forderte zudem, bei Missbrauch eine Ausnahme bei Regressansprüchen der Krankenkassen zu machen. Laut Gesetz sind die Krankenkassen verpflichtet, unter anderem bei Gesundheitsschäden infolge von Straftaten die Kosten für die Behandlung von den Tätern zu holen. Rörig zufolge versuchten die Krankenkassen auch bei Missbrauchsbetroffenen Informationen zu den Tätern einzuholen. Dies könne gefährlich sein, weil ein Opfer, das nicht bereit für eine Anzeige ist, dann Angst bekommen könnte, dass sein Fall öffentlich wird, sagte Fegert. Hier müsse das Gesetz eine Ausnahme machen.
Vertreter der Opfer wollen nicht warten
Die Forderungen der Experten enthalten insgesamt sieben Punkte und wurden von den Spitzenverbänden im Gesundheitswesen unterzeichnet. Gesundheit war am Donnerstag das Schwerpunktthema des vom Missbrauchsbeauftragten einberufenen "Dialogs Kindesmissbrauch". Bis Juni 2013 sollen drei weitere Veranstaltungen zu den Themen Beratung, Aufarbeitung und Strafrecht folgen. Eine Zusammenfassung der Forderungen zu allen Themen will Rörig nach eigenen Worten der Politik bis September - "rechtzeitig zu den Koalitionsverhandlungen" - vorlegen.
Vertreter der Opfer wollen indes nicht so lange warten. Verbesserungen müssten schon vor der nächsten Bundestagswahl auf den Weg gebracht werden, sagte Ingo Fock. Maren Ruden sagte, Betroffene bräuchten schnell Hilfe. Neuregelungen müssten zudem verlässlich für die Opfer und verbindlich für die Verantwortlichen sein.
Fock und Ruden drängten, das Thema Missbrauch weiter in der Gesellschaft zu diskutieren. Nach Rörigs Angaben ist der Bedarf an Hilfsangeboten nach wie vor vorhanden. Bei der nach dem Bekanntwerden der Missbrauchsskandale eingerichteten Telefon-Hotline meldeten sich im Schnitt täglich zehn Betroffene. Seit Gründung der Anlaufstelle im Mai 2010 erreichten die Mitarbeiter rund 25.500 Anrufe.