Bericht: Wachsende Armut gefährdet die Demokratie

Bericht: Wachsende Armut gefährdet die Demokratie

Düsseldorf (epd). Zunehmende Armut sowie eine sich verschärfende Ungleichheit bei den Einkommen in Deutschland stellen nach Einschätzung des Wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung eine zunehmende Gefahr für den sozialen Zusammenhalt dar. „Wenn sich Menschen gesellschaftlich nicht mehr wertgeschätzt fühlen und das Vertrauen in das politische System verlieren, dann leidet darunter auch die Demokratie“, heißt es in dem am Donnerstag in Düsseldorf vorgestellten neuen Verteilungsbericht des Instituts. Datengrundlage sind der Mikrozensus, für den 800.000 Personen befragt werden, und das sozio-ökonomische Panel (SOEP), für das rund 15.000 Haushalte interviewt werden.

Seit Ende der 1990er Jahre nehmen die Einkommensunterschiede demnach weiter zu. Im Jahr 2022 lebten dem Bericht zufolge 16,7 Prozent der Menschen hierzulande in Armut gegenüber 14,5 Prozent im Jahr 2010. Überdurchschnittlich oft von Armut betroffen seien Arbeitslose, Minijobber und Minijobberinnen, Menschen in Ostdeutschland, Frauen, Alleinerziehende sowie Zugewanderte, Singles und Menschen mit niedrigen Schulabschlüssen. Materielle Einschränkungen und das Gefühl geringer Anerkennung hätten bei vielen Betroffenen eine „erhebliche Distanz“ zu den zentralen staatlichen und politischen Institutionen als Folge, warnt der Bericht. Demnach haben mehr als die Hälfte der Armen nur wenig Vertrauen in Parteien und Politik. Rund ein Drittel hat lediglich geringes Vertrauen in das Rechtssystem.

„Mehr und wirksameres politisches Engagement gegen Armut und Ungleichheit ist ein wesentlicher Ansatz, um die Gesellschaft zusammen- und funktionsfähig zu halten“, betonten die Autoren des Berichts. Das Institut der gewerkschaftsnahen Stiftung mahnt insbesondere eine Anhebung der Grundsicherung auf ein Niveau an, das Einkommensarmut wirksam verhindern könne. Dies sei beim Einstieg in das Bürgergeld aber nicht passiert. Hier erhalten seit Jahresanfang Alleinstehende 502 Euro monatlich, ab 2024 sind es 563 Euro. Mit Partnern zusammenlebende Erwachsene bekommen aktuell 451 Euro und künftig 506 Euro.

Zur Reduzierung von „Armut trotz Arbeit“ sind laut WSI außerdem ein höherer Mindestlohn, stärkere Tarifbindung und bessere Qualifizierung notwendig, verbunden mit einem Ausbau der Kinderbetreuung. Zudem müssten die „Reichen und Reichsten“ stärker an der Finanzierung des Gemeinwohls beteiligt werden. Dies könne über eine Anhebung des Spitzensteuersatzes und der Vermögenssteuer geschehen.