Frankfurt a.M., Rom (epd). Akuter Treibstoffmangel droht den UN zufolge die bereits katastrophale Lage Hunderttausender Familien im Gaza-Streifen weiter zu verschlechtern. Der fehlende Sprit könnte die Verteilung von Essen und andere humanitäre Operationen zum Erliegen bringen, erklärte das Welternährungsprogramm (WFP) am Freitag in Rom.
„Ohne zusätzlichen Treibstoff können die Bäckereien, die mit dem WFP zusammenarbeiten, kein Brot mehr herstellen“, sagte der WFP-Vertreter in Palästina, Samer Abdeljaber. „Heute haben nur zwei Bäckereien Treibstoff, morgen vielleicht keine mehr.“ Tausende Familien in den Lagern seien aber auf das Brot angewiesen.
Nach dem Beschuss Israels durch die radikalislamische Hamas mit Hunderten Toten hat Israel den Gaza-Streifen komplett abgeriegelt und die Strom- und Wasserversorgung ausgesetzt. Die Menschen waren tagelang von jeglicher Hilfe abgeschnitten. Inzwischen gelangen Hilfsgüter in kleinen Mengen über Ägypten in das Gebiet. Doch der Treibstoffmangel beeinträchtigt die Hilfe so massiv, dass das UN-Büro zur Koordinierung humanitärer Hilfe davor warnte, dass die Vereinten Nationen ihre Aktivitäten komplett einstellen müssten.
Die Menschen im Gaza-Streifen bräuchten fortwährende Hilfe, betonte Abdeljaber. Und dafür sei eine humanitäre Feuerpause unerlässlich. Das WFP hat nach eigenen Angaben annähernd 630.000 Menschen in Notunterkünften mit Lebensmitteln versorgt. Von den 23 Bäckereien, die das Programm mit Brot beliefern, könnten derzeit nur zwei produzieren. Treibstoff sei aber auch für die Lastwagen nötig, die die Hilfsgüter transportieren, erklärte das WFP. Und wegen des abgestellten Stroms bräuchten auch Krankenhäuser Sprit, um Wasserpumpen und -reinigungsanlagen zu betreiben.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (ICRC) warnte, die humanitäre Katastrophe im Gaza-Streifen verschlimmere sich mit jeder Stunde. Die Stromversorgung sei eine Frage von Leben und Tod, erklärte der ICRC-Regionaldirektor für Nahost, Fabrizio Carboni. Weite Teile der zivilen Infrastruktur seien zerstört worden. „Ein sicherer und anhaltender Zugang für humanitäre Hilfe ist dringend erforderlich.“ Die Organisation bitte alle Konfliktparteien und Länder mit Einfluss eindringlich dafür zu sorgen. Nach UN-Schätzungen sind innerhalb des Gaza-Streifens 1,4 Millionen Menschen vor der Gewalt geflüchtet, von denen fast 590.000 in 150 UN-Notunterkünften untergebracht sind.