Halle (epd). Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinden in Sachsen-Anhalt, Max Privorozki, hat den Neubau von Synagogen in Dessau und Magdeburg als positives Zeichen begrüßt. Die Projekte zeigten, dass jüdisches Leben in Deutschland weitergeht, sagte Privorozki in Halle dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Am Sonntag wird der Neubau in Dessau eröffnet, im Dezember folgt die Eröffnung in Magdeburg. Damit sei Sachsen-Anhalt künftig nicht mehr das einzige östliche Bundesland, in dem nach der Wende keine einzige Synagoge neu gebaut wurde.
Dennoch habe die Eröffnungsfeier am Sonntag für ihn einen Beigeschmack, sagte Privorozki: „Wir feiern etwas, und zugleich passieren in Israel so schreckliche Dinge.“ Die Situation dort sei dramatisch. Auch in Deutschland sei die Lage für Juden derzeit besorgniserregend. Die Polizei habe die Schutzmaßnahmen für die jüdischen Gemeinden in Sachsen-Anhalt verstärkt.
So blicke er mit Sorge auf antijüdische Demonstrationen in Deutschland, die trotz bestehender Verbote stattgefunden hätten. „Wir sind alle nervös, ich auch“, sagte Privorozki. Man sei aber mit der Polizei in gutem Kontakt. Wichtig sei jetzt, nicht nur die Synagogen, sondern auch die Menschen besser zu schützen.
Dabei erlebten Juden auch in Sachsen-Anhalt immer wieder antisemitischen Hass oder Beleidigungen. „Wir bekommen zum Beispiel immer wieder E-Mails mit Anfeindungen“, sagte Privorozki. Da er den Terroranschlag eines Rechtsextremisten auf die Hallenser Synagoge am 9. Oktober 2019 erlebt habe, registriere er alltägliche Angriffe seitdem ganz anders. „Aber Antisemitismus insgesamt existiert“, betonte Privorozki.
Die Lage in Israel habe auch Auswirkungen auf die Jüdischen Kulturtage in Sachsen-Anhalt. Bei der Eröffnung in Magdeburg habe er ein großes Polizeiaufgebot erlebt. Zugleich seien einige Veranstaltungen verschoben worden, weil Gäste aus Israel derzeit nicht anreisen könnten. Auch bei Konzerten, für die eigentlich Tanzmusik vorgesehen war, sei wegen der Lage in Israel das Programm geändert worden. Abgesagt seien die Kulturtage aber nicht: „Das Leben geht weiter“, sagte Privorozki.
Dies gelte auch für die jüdischen Gemeinden im Land. Mit den Flüchtlingen aus der Ukraine habe sich deren Mitgliederzahl erstmals seit Jahren wieder stabilisiert. Allein in Halle habe man mehr als zehn neue Mitglieder, sagte Privorozki. Etwa seit dem Jahr 2005 seien die Zahlen wegen des geringeren Zuzugs aus der früheren Sowjetunion kontinuierlich geringer geworden, jetzt habe der negative Trend gestoppt werden können.