Amman, Genf (epd). Die UN haben den Aufruf Israels an die Bewohner des nördlichen Gazastreifens zum Verlassen ihrer Heimat scharf kritisiert. Die Aufforderung der israelischen Streitkräfte an mehr als eine Million Zivilistinnen und Zivilisten, sich innerhalb von 24 Stunden zu entfernen, sei entsetzlich, sagte der Generalkommissar des UN-Hilfswerks für die Palästinenser UNRWA, Philippe Lazzarini, laut einer am Freitag in Amman verbreiteten Erklärung.
Beobachter befürchten nach dem Aufruf zur Räumung, dass ein Einmarsch israelischer Truppen in den Gazastreifen folgen könnte. Laut Lazzarini mussten in dem Gebiet in knapp einer Woche bereits über 423.000 Menschen fliehen. Mehr als 270.000 von ihnen hätten Zuflucht in UNRWA-Unterkünften gefunden. „Das Ausmaß und die Geschwindigkeit dieser humanitären Krise sind erschütternd“, erklärte das Hilfswerk. „Gaza wird binnen kürzester Zeit zu einem Höllenloch und ist am Rande des Kollapses.“
Der Chef des Auguste-Viktoria-Krankenhauses in Ost-Jerusalem, Fadi Atrash, prangerte die israelische Blockade Gazas als „medizinische Katastrophe“ an. Das Abschneiden der Stromverbindungen für Krankenhäuser sowie das Ausbleiben von Medikamenten und Gerät könnten die Ausbreitung gefährlicher Krankheiten beschleunigen, sagte Atrash dem Evangelischen Pressedienst.
„Davon werden Menschen in Gaza betroffen sein und in der ganzen Region“, warnte der Chef des traditionsreichen Krankenhauses, das vom Lutherischen Weltbund betrieben wird. Zudem könne das medizinische Personal dringende Behandlungen wie Chemo-Therapien, aber auch einfache Diagnosen, kaum noch anbieten. „Wir vom Auguste-Viktoria-Hospital sind natürlich bereit, den Patienten in Gaza zu helfen, wir können aber nichts tun, weil niemand in das Gaza-Gebiet reinkommt und niemand rauskommt“, hielt Atrash fest. Die Ohnmacht angesichts der israelischen Blockade durch Israel sei „sehr frustrierend“.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation sind sechs der sieben wichtigsten Krankenhäuser in Gaza nur teilweise funktionsfähig. Ein Hospital im Norden sei wegen der wiederholten israelischen Luftangriffe außer Betrieb. In den Blutbanken der Krankenhäuser herrsche Mangel. Medikamente seien ebenso knapp.
Die Welthungerhilfe forderte für Hilfsorganisationen den ungehinderten Zugang zum Gazastreifen. Generalsekretär Mathias Mogge sagte der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Samstag): „Um Hilfsgüter wie Lebensmittel, Wasser und Treibstoff in den Gazastreifen zu bringen, brauchen die humanitären Organisationen schnellen und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe und ungehinderten Zugang für Personal.“
Am Samstag voriger Woche hatte die palästinensische Hamas, die Gaza beherrscht, mit Raketen und Terrorkommandos Israel angegriffen. Dabei tötete sie etliche Zivilisten. Israel reagierte mit dem Beschuss Gazas und der kompletten Abriegelung des Gebietes, in dem rund 2,3 Millionen Menschen leben.