Berlin (epd). Der Sachverständigenrat für Integration und Migration hat Zweifel daran, dass die geplanten Asyl-Verfahren an der EU-Außengrenze rechtssicher ausgestaltet und tatsächlich zu einer Entlastung führen werden. Beschleunigte Verfahren an den EU-Außengrenzen seien nicht per se rechtswidrig, erklärte der Vorsitzende des Sachverständigenrates, Hans Vorländer, am Mittwoch in Berlin. Gleichwohl müssten Menschen, die dort eine Zulässigkeitsprüfung absolvieren müssen, wirksamen Zugang zum Rechtsschutz und zu einer unabhängigen Verfahrensberatung haben.
„Dass das mit der Umsetzung der bislang vereinbarten Beschlüsse verwirklicht werden kann, ist im Moment nicht erkennbar“, sagte Vorländer. Er wies zudem darauf hin, dass Rückführungen bislang vor allem an der mangelnden Kooperation der Herkunftsländer scheiterten. „Mit der Einführung von Grenzverfahren durch die EU wird sich das erst einmal nicht ändern“, sagte er. Dafür müssten Migrationsabkommen ausgehandelt werden, ergänzte Vorländer.
Zugleich unterstützte der Sachverständigenrat den Willen nach einer Reform des europäischen Asylsystems. Die jüngsten Ereignisse auf Lampedusa und die erhöhte Zuwanderung über Polen und Tschechien machten deutlich, wie überfällig die Reform sei. Nationale Maßnahmen allein würden aufgrund des offenen Schengen-Raums nicht greifen, erklärte das Gremium, das damit die Position der Bundesregierung unterstützt, die Forderungen nach weiteren stationären Grenzkontrollen oder einer Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen ablehnt.
Die Innenministerinnen und Innenminister der EU-Staaten hatten sich Anfang Juni über die Grundzüge einer Reform des europäischen Asylsystems geeinigt. Sie sehen einen verbindlichen Mechanismus mit dem Ziel einer gerechteren Verteilung Schutzsuchender auf alle EU-Staaten vor. Die geplante Reform enthält aber auch Asylrechtsverschärfungen. Insbesondere die geplanten Grenzverfahren, die Asylverfahren vorgeschaltet werden sollen, um Menschen ohne Schutzberechtigung schnell wieder zurückschicken zu können, sorgen für Kritik.
Die geplante Reform wird derzeit im sogenannten Trilog-Verfahren zwischen den EU-Institutionen weiter beraten. Die Gespräche sind allerdings ins Stocken geraten. Die Bundesregierung hofft, dass die Verordnungen noch vor der nächsten Europawahl im Juni 2024 verabschiedet werden.