Bremen (epd). In Bremen ist am Sonntag ein Mahnmal eingeweiht worden, das an die „Arisierung“ jüdischen Eigentums im Nationalsozialismus und damit an die massenhafte Beraubung europäischer Jüdinnen und Juden durch das NS-Regime erinnert. Das bundesweit in dieser Art einzigartige Bauwerk entstand nach einer achtjährigen teils kontroversen Debatte an den Weser-Arkaden neben der Wilhelm-Kaisen-Brücke nahe der Altstadt. Es schließe in Deutschland eine Leerstelle in der Erinnerungslandschaft, sagte Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) bei der Einweihung.
Das von dem Bremer Journalisten und Kulturwissenschaftler Henning Bleyl initiierte und von Evin Oettingshausen entworfene Mahnmal bezieht sich auf die „Aktion M“ der Nationalsozialisten, an der unter anderen die Firma Kühne und Nagel beteiligt war: Der Logistik-Konzern mit seinem Bremer Firmensitz unweit der Weser-Arkaden transportierte geraubte Möbel von jüdischen Deportierten durch Europa nach Deutschland und verdiente so an der „Arisierung“, der Ausplünderung jüdischen Eigentums. Geraubte Gegenstände wurden auf sogenannten „Judenauktionen“ billig an die „Volksgemeinschaft“ abgegeben.
Bleyl betonte, der NS-Staat habe so auch als Beutegemeinschaft funktioniert. Für die Jüdische Gemeinde in Bremen sagte ihr Vorstandsmitglied Grigori Pantijelew, das Mahnmal sei „nicht das Ende der Debatte, es ist der Anfang“. Barbara Maass, eine Enkelin des in Auschwitz ermordeten jüdischen Teilhabers von Kühne und Nagel, Adolf Maass, bekräftigte: „Dieses Mahnmal ist ein wichtiger Schritt zur Anerkennung der skrupellosen Handlungen der Komplizen und Profiteure des Holocaust.“
Das Projekt kostete nach Angaben der Kulturbehörde etwa 550.000 Euro. Finanziert wurde es durch öffentliche Mittel, Bremer Speditionsunternehmen und private Spenden. Das Werk ermöglicht über drei Fenster Einblicke in einen etwa sechs Meter tiefen Schacht. Im unteren Teil sind an den Wänden schemenhafte Schattenrisse zu erkennen - symbolische Spuren von Möbeln, von Einrichtung und zerstörtem Leben. Demnächst soll es noch durch erklärende Texttafeln ergänzt werden.