Bundesverfassungsgericht bestätigt Haft wegen gestreckter Medikamente

Bundesverfassungsgericht bestätigt Haft wegen gestreckter Medikamente

Karlsruhe (epd). Der frühere Bottroper Apotheker Peter S. ist zu Recht wegen gestreckter Krebsmedikamente in 14.564 Fällen zu einer zwölfjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Auch wenn nicht in jedem Einzelfall konkret nachgewiesen werden konnte, welcher Patient eine Unterdosierung des Krebsmedikaments erhalten hat, ist die verhängte Freiheitsstrafe nicht zu beanstanden, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss. Der verfassungsrechtliche Grundsatz, dass jede Strafe eine nachweisbare Schuld voraussetzt, sei nicht verletzt worden, erklärten die Karlsruher Richter (AZ: 2 BvR 1373/20).

Der frühere Bottroper Apotheker Peter S. hatte Krebsmedikamente für Patienten individuell zubereitet und diese an onkologische Arztpraxen und Krankenhäuser geliefert. Zwischen Januar 2012 und November 2016 hatte der Apotheker nach den Feststellungen des Landgerichts Essen 28.285 Krebsarzneimittel hergestellt. In mindestens 14.564 Fällen hatte er sie aber zu gering dosiert. Bei den gesetzlichen Krankenkassen hatte er dagegen eine ordnungsgemäße Dosierung abgerechnet.

In 66 Fällen konnte das Landgericht die Unterdosierung konkret nachweisen. In den weiteren 14.498 Fällen hatte das Gericht die Unterdosierung lediglich berechnet.

Das Landgericht verhängte mit Urteil vom 6. Juli 2018 wegen des vorsätzlichen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz in 14.564 Fällen eine Freiheitsstrafe von zwölf Jahren (Az.: 56 KLs 11/17). Außerdem wurden ein lebenslanges Berufsverbot und die Einziehung von 17 Millionen Euro angeordnet. Der Bundesgerichtshof bestätigte die Verurteilung.

Die Beschwerde gegen die lange Haftstrafe hatte vor dem Bundesverfassungsgericht keinen Erfolg. Auch wenn nicht in jedem Einzelfall die Unterdosierung nachweisbar sei, habe das Landgericht in nicht zu beanstandender Weise die Zahl der Unterdosierungen bestimmt, so das Bundesverfassungsgericht. Die Fälle, in denen der Apotheker die Herstellung der Arzneimittel Mitarbeitern überließ, müsse er sich ebenfalls anrechnen lassen. Denn er habe dies so angeordnet. Der verfassungsrechtliche Schuldgrundsatz, nach dem eine Strafe nur nach nachgewiesener Schuld erfolgen dürfe, sei nicht verletzt worden. Auch andere Grundrechtsverletzungen seien nicht erkennbar.