Experten fordern Meldepflicht für schwere Behandlungsfehler

Experten fordern Meldepflicht für schwere Behandlungsfehler

Berlin (epd). Der Medizinische Dienst wirft der Politik vor, den Schutz von Patienten gegen ärztliche Kunstfehler nicht ernst zu nehmen. Der Vorstandsvorsitzende des Medizinischen Dienstes Bund, Stefan Gronemeyer, sagte am Donnerstag in Berlin, bei gesetzlichen Vorschriften für die Patientensicherheit sei es internationaler Standard, dass schwerwiegende, vermeidbare Behandlungsfehler, sogenannte Never Events, gemeldet werden müssen. „Es ist aus Patientensicht nicht hinnehmbar, dass Deutschland das nicht umsetzt“, kritisierte Gronemeyer. Er forderte die Bundesregierung auf, im Rahmen der Novellierung des Patientenrechtegesetzes eine verpflichtende nationale Never-Event-Liste einzuführen.

Anonymisierte Meldungen schwerer, vermeidbarer Behandlungsfehler dienen der Verbeugung. Anhand der Fälle kann nachvollzogen werden, wo Sicherheitschecks beispielsweise vor einer Operation nicht eingehalten wurden. Es passierten hierzulande „immer wieder die gleichen Fehler“, kritisierte der Medizinische Dienst anlässlich der Vorstellung seiner diesjährigen Behandlungsfehlerstatistik. In 165 Fällen habe man für das vorige Jahr Never Events wie Patienten- oder Seitenverwechslungen, schwere Medikationsfehler oder zurückgelassene Gegenstände nach Operationen festgestellt. 2021 waren es 130 solcher Fälle mit schwerwiegenden oder dauerhaften Folgen für die Patienten.

Die Medizinischen Dienste der Länder erstellen im Auftrag der Krankenkassen fachärztliche Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern. Im vorigen Jahr waren es 13.059. In jedem vierten Fall wurde ein Schaden beim Patienten festgestellt, in jedem fünften Fall war der Fehler die Ursache. Nur dann haben Patienten Aussicht auf Schadensersatz. Der Anteil begutachteter Fälle und bestätigter Schäden bewegt sich seit Jahren auf etwa gleichem Niveau.

Die Daten sind nicht repräsentativ, da nach Angaben des Medizinischen Dienstes von einer hohen Dunkelziffer von Fehlern ausgegangen werden muss, die nicht bekannt werden, weil die Patienten ihre Behandlung nicht überprüfen lassen. Auch die Ärztekammern führen Behandlungsfehlerstatistiken - die Daten werden aber nicht zusammengeführt.