Dortmund (epd). Hunderte Menschen haben am Samstag in Dortmund an den vor einem Jahr von der Polizei erschossenen 16-jährigen Flüchtling Mouhamed Dramé erinnert. Zu einer Demonstration, die vom Solidaritätskreis „Justice4Mouhamed“ organisiert wurde, kamen rund 700 Menschen, wie ein Polizeisprecher sagte. Die Organisatoren der am Hauptbahnhof gestarteten Demo schätzten die Zahl der Teilnehmer deutlich höher ein und sprachen von rund 1.500 Unterstützern.
An einer parallel stattfindenden Versammlung in der Nordstadt, zu der der „Freundeskreis Mouhamed“ eingeladen hatte, beteiligten sich rund 70 Menschen. Bis zum Nachmittag verliefen die Kundgebungen und Umzüge laut Polizei ohne Zwischenfälle.
Der 16-Jährige war als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling aus dem Senegal nach Deutschland gekommen. Am 8. August vergangenen Jahres wurde er während eines Polizeieinsatzes in der Dortmunder Nordstadt von Polizeischüssen getroffen und starb. Zuvor soll er die Absicht geäußert haben, sich umzubringen und ein Messer in der Hand gehalten haben. Die Bodycams der Polizisten waren den Ermittlungen zufolge während des Einsatzes nicht eingeschaltet. Verschiedene Details des Einsatzes hatten sich im Laufe der Ermittlungen anders dargestellt, als zunächst von der Polizei angegeben.
Die Teilnehmenden der Demos forderten eine lückenlose Aufklärung des Vorfalls, eine rasche Verurteilung der beteiligten Polizisten und ein entschiedeneres Vorgehen gegen Polizeigewalt. Zudem verlangten sie unter anderem eine Abschaffung der „rassistisch-motivierten Personenkontrollen durch die Polizei in der Dortmunder Nordstadt“ und die „Etablierung einer unabhängigen Beschwerde- und Kontrollinstanz gegenüber der Polizei“.
In Redebeiträgen der Demonstration des Solidaritätskreises wurde unter anderem darauf hingewiesen, dass der 16-Jährige durch seine Flucht „schwer traumatisiert“ gewesen sei. Der Tod des Jugendlichen sei bei dem Einsatz der Polizei „billigend“ in Kauf genommen worden. Fünf Polizisten wurden von der Staatsanwaltschaft wegen Totschlags, gefährlicher Körperverletzung und Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung angeklagt. Wann ein Strafprozess stattfindet, ist derzeit noch unklar.
Anna Neumann vom Solidaritätskreis zeigte sich zufrieden mit der Resonanz, auch wenn bei einer Demo im vergangenen November mehr Teilnehmende gekommen seien. „Es ist toll, dass so viele Menschen aus dem ganzen Bundesgebiet angereist sind. Wir finden das beeindruckend“, sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Die beiden Demonstrationen in Dortmund fanden getrennt voneinander statt, weil in dem „Freundeskreis Mouhamed“ auch Mitglieder der vom Verfassungsschutz beobachteten „Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands“ (MLPD) aktiv sind. Der Solidaritätskreis wollte sich von jeder politischen Vereinnahmung distanzieren und veranstaltete deshalb seine eigene Demo.