Salzgitter, Berlin (epd). Wild wachsende Speisepilze in Süddeutschland können auch 37 Jahre nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl mit radioaktivem Cäsium belastet sein. Erhöhte Werte würden vor allem in Südbayern und im bayerischen Wald gemessen, teilte das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) am Donnerstag auf epd-Anfrage mit. Diese Regionen Deutschlands waren vom radioaktiven Niederschlag durch den Reaktorunfall im Jahr 1986 besonders betroffen. Ein geringer Anteil der Strahlung geht auf die oberirdischen Kernwaffentests der 1950er- und 1960er-Jahre zurück.
Werte von mehr als 1.000 Becquerel pro Kilogramm seien etwa in Semmelstoppelpilzen, verschiedenen Schnecklingsarten, Gelbstieligen Trompetenpfifferlingen, Gemeinen Rotfußröhrlingen, Maronenröhrlingen oder Ziegenlippen festgestellt worden, sagte BfS-Sprecherin Anja Lutz. Durchweg nur sehr gering belastet waren nach ihren Angaben unter anderem Blutender Waldchampignon, Blutroter Filzröhrling, Brauner Riesenscheidenstreifling, Braunroter Ledertäubling, Braunschuppiger Riesenchampignon, Faltentintling, Hasenröhrling und Honiggelber Hallimasch.
Die Einheit Becquerel gibt die Anzahl radioaktiver Zerfälle in einer Sekunde an. Für Wildpilze im Handel gilt ein Grenzwert von 600 Becquerel.
„Wenn wild wachsende Speisepilze in üblichen Mengen verzehrt werden, ist die zusätzliche Strahlenbelastung vergleichsweise gering“, sagte Lutz. Wer seine persönliche Belastung verringern wolle, sollte in den höher belasteten Gebieten Deutschlands jedoch auf den übermäßigen Genuss selbst gesammelter Pilze verzichten.
Der Verzehr von 200 Gramm Pilzen mit 2.000 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm habe eine Belastung von 0,005 Millisievert zur Folge, erläuterte die BfS-Sprecherin: „Dies ist deutlich weniger als die Strahlenbelastung bei einem Flug von Frankfurt nach Gran Canaria.“ Erwachsene, die jedoch jede Woche eine solche Pilzmahlzeit verzehrten, hätten eine zusätzliche Strahlendosis wie bei rund zwanzig Flügen von Frankfurt nach Gran Canaria.