Düsseldorf (epd). Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) lehnt eine Strafgebühr für Eltern ab, die ohne akuten Bedarf mit ihren Kindern den ärztlichen Notdienst aufsuchen. Eine solche Gebühr sei „unethisch“, sagte Lauterbach am Dienstag in Düsseldorf. Eltern dürften zudem nicht für jahrelange Versäumnisse der Politik zahlen müssen. Eltern und Kinder sollten nicht dafür bestraft werden, dass die Politik ihre Aufgaben in der Notfallversorgung nicht gemacht habe, sagte er.
Der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, hatte in einem Zeitungsinterview eine Gebühr für Eltern vorgeschlagen, die für ihre Kinder wegen Bagatellen die Notfallversorgung in Anspruch nehmen. Er begründete dies mit knappen Notfall-Ressourcen in Krankenhäusern und Arztpraxen.
Kritisch an dem Vorschlag kam auch vom nordrhein-westfälischen Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) „Durch eine Gebühr würde die Verantwortung für die medizinische Einschätzung, ob das Aufsuchen einer Notaufnahme erforderlich ist, auf die Hilfesuchenden übertragen werden“, sagte er der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Dienstag). „Am Ende bestünde die Gefahr, dass Menschen, für die eine Gebühr eine hohe finanzielle Belastung bedeuten würde, im Zweifel keine medizinische Hilfe in Anspruch nehmen.“ Laumann befürchtet zudem mehr Bürokratie für die Kliniken.
Der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, kritisierte, dass die Mediziner, die zusätzliche Belastungen für Patienten forderten, von Missständen in den Praxen ablenken wollten. „Hier sinkt die Erreichbarkeit. Der Dienstleistungscharakter nimmt zusehends ab“, erklärte er am Dienstag in Dortmund. Es sei gut, dass der Bundesgesundheitsminister grundsätzlich einer Strafgebühr widerspreche.
Die Kinderärztin und stellvertretende Notdienstbeauftragte für den Bezirk Bochum-Herne, Claudia Simon, betonte: „Wir würden mit dieser Gebühr eher die falschen Patientinnen abschrecken.“ Sie befürchte, dass vor allem Menschen mit wenig Geld deshalb seltener im Notdienst in die Praxis kommen würden, sagte sie am Dienstag dem Radiosender WDR 5. Das habe sich auch schon zu Zeiten der Praxisgebühr gezeigt. „Und dann sehen wir vielleicht doch das Kind, das wirklich eine Hirnhautentzündung hat, einen Tag zu spät.“
Im Wochenend-Notdienst seien es aber tatsächlich die Bagatellfälle, die die Praxen unter Druck setzten, bestätigte Simon. Eltern seien teils „wahnsinnig verunsichert“ und viele nicht in der Lage, die Gesundheit ihrer Kinder richtig einzuschätzen. Im Internet kursierten irreführende Informationen. Zudem hätten früher mehr Familienmitglieder aus der Erfahrung mit eigenen Kindern Rat geben können.