Medienbericht: EU-Staaten kritisieren Vorgehen bei Tunesien-Pakt

Medienbericht: EU-Staaten kritisieren Vorgehen bei Tunesien-Pakt

Hamburg (epd). Aus mehreren EU-Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, kommt einem Medienbericht zufolge Kritik am Zustandekommen des Migrationsabkommens zwischen der EU und Tunesien. Wie die „Zeit“ unter Berufung auf vertrauliche Dokumente berichtet, beklagt unter anderem das Auswärtige Amt in Berlin, dass der Rat der Europäischen Union übergangenen worden sei.

Demnach sei für Abkommen wie das mit Tunesien unterzeichnete „Memorandum of Understanding“ eine Unterrichtungsfrist von fünf Wochen vereinbart worden. Es sei „nicht akzeptabel“, wenn ein Memorandum unterzeichnet wird, ohne dass der Rat vorher seine Zustimmung gebe, zitierte die Zeitung aus einem Dokument.

Im Rat kommen die jeweils für das Thema zuständigen Minister und Ministerinnen der EU zusammen, um Vorschriften zu diskutieren und Richtungsbeschlüsse zu fällen. Dem Bericht zufolge kommt ähnliche Kritik am Zustandekommen des Abkommens aus zwölf weiteren Mitgliedstaaten sowie vom Juristischen Dienst des Rates und dem Europäischen Auswärtigen Dienst.

In dem Papier der deutschen Regierung wird dem Vorabbericht der „Zeit“ vom Mittwoch zufolge auch inhaltliche Kritik an dem Abkommen laut, weil die Zusammenarbeit mit Tunesien nicht an humanitäre Standards und das Völkerrecht geknüpft worden sei. Die EU habe wenig erreicht, zitiert das Blatt aus dem Dokument. Wichtig wäre es gewesen, die Lage der in Tunesien gestrandeten Flüchtlinge zu verbessern, zum Beispiel durch Zugang zu Aufenthaltstiteln. Das Auswärtige Amt erklärte auf Anfrage, dass es sich zu vertraulichen Dokumenten grundsätzlich nicht öffentlich äußere.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte am 16. Juli eine Absichtserklärung mit Tunesien unterzeichnet, die eine engere Zusammenarbeit in fünf Punkten vorsieht. Einer davon ist der Bereich Migration. Es soll dabei helfen, die sogenannte irreguläre Migration über das Mittelmeer zu reduzieren. Allerdings stößt das Abkommen nicht zuletzt wegen des Umgangs Tunesiens mit Migranten aus Ländern Afrikas südlich der Sahara auf Kritik. Die Organisation Human Rights Watch berichtete davon, dass Flüchtlinge und Migranten in das libysch-tunesische Grenzgebiet verschleppt und dort festgehalten wurden.

Die Bundesregierung signalisierte direkt nach dem Zustandekommen des Abkommens vor zwei Wochen ihre Unterstützung für das Vorhaben. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts räumte allerdings gleichzeitig ein, dass die Berichte zur Lage der Flüchtlinge in Tunesien Anlass zur Sorge geben würden.