Stuttgart (epd). Das baden-württembergische Kultusministerium hat eine aktuelle Werbekampagne zur Gewinnung neuer Lehrkräfte gegen Kritik verteidigt. Die Slogans seien bewusst provokant gewählt, um Aufmerksamkeit zu erregen, teilte ein Sprecher dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Mittwoch in Stuttgart mit.
Nach dem Start der Werbekampagne in den sozialen Netzwerken am 17. Juli hängen aktuell zwei Großplakate im Ankunfts- und Abflugbereich des Stuttgarter Flughafens. Darauf ist zu lesen: „Gelandet und gar keinen Bock auf Arbeit morgen? Hurra! Mach, was dir Spaß macht und werde Lehrer“. Das hatte teils heftige Kritik ausgelöst. Die Vorsitzende des Realschullehrerverbandes Baden-Württemberg, Karin Broszat, warf dem Ministerium „Niveaulosigkeit“ und „Geringschätzung des Lehrerberufs“ vor.
Ziel der Kampagne ist es nach Worten des Ministeriumssprechers, Quereinsteiger für den Lehrerberuf zu gewinnen. Die Resonanz zeige, dass das funktioniere, sagte er. Bereits nach der ersten Woche hätten mehr als 8.000 Interessenten die Webseite zur Lehrkräfteeinstellung besucht. Rund 33 Prozent von ihnen strebten einen Direkteinstieg in den Beruf an. Daneben suche man aber auch Vertretungskräfte.
Der Verband Bildung und Erziehung Baden-Württemberg bezeichnete das Plakat als „Beleidigung“ für alle Lehrer im Land. Es sei ein Schlag ins Gesicht für alle Lehrkräfte, die sich in 60-Stunden-Wochen um die Beschulung tausender Flüchtlingskinder aus der Ukraine, Syrien und anderen Ländern kümmerten. Es verhöhne alle Lehrkräfte, die sich seit Jahren aufrieben, um den Lehrermangel auszugleichen und das System am Laufen zu halten.
Nach Ansicht des Vorsitzenden des Philologenverbandes im Südwesten, Ralf Scholl, stünde es dem Kultusministerium gut zu Gesicht, die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte zu verbessern, anstatt „Hunderttausende Euro für provokative Werbung auszugeben“. Scholl: „Zu dieser Kampagne gibt’s nur einen Kommentar: 'Null Bock auf Arbeit? - dann geh’ ins Kultusministerium! Da genügen hohle Sprüche!'“
Der Ministeriumssprecher sagte: „Dass die Kampagne keineswegs suggeriert, dass Lehrkräfte faul seien, ist selbstredend. Wir wissen um die Leistungen unserer Lehrkräfte und wollen mehr Personen für diesen attraktiven Beruf gewinnen.“ Die aktuelle Kampagne sei ein Mittel dafür.