Essen (epd). Sängerin Whitney Houston hat laut dem Popmusik-Experten Andreas Jacob ethnische Grenzen in der Musik überwunden. In den USA sei der Markt strikt geteilt gewesen in die Musik von Weißen und Schwarzen, sagte der Rektor der Essener Folkwang Universität der Künste dem Evangelischen Pressedienst (epd). Houston, die am 9. August 60 Jahre alt geworden wäre und 2012 starb, habe sich bewusst dazwischen positioniert.
Diese Strategie habe zu einem großen Erfolg geführt, ihr aber von Vertretern der schwarzen Emanzipation auch den Vorwurf eingetragen, sie würde sich assimilieren: „Wenn man sich außerhalb solcher Schubladen bewegt und Mainstream macht, findet man sich auch immer in einer Debatte rund um Identitäten wieder.“
Die stimmgewaltige Künstlerin („I wanna dance with somebody“) gilt mit mehr als 220 Millionen verkaufter Alben als bislang erfolgreichste Sängerin. Sie hatte mehr Nummer-Eins-Hits in Folge als die Beatles. In dem Film „Bodyguard“ (1992) war sie an der Seite von Kevin Costner auch als Schauspielerin zu sehen. Der Soundtrack enthält ihren größten Hit „I Will Always Love You“. In ihrer Ehe mit dem Rapper Bobby Brown war sie häuslicher Gewalt ausgesetzt. Nach zunehmenden Alkohol- und Drogenproblemen starb sie im Alter von 48 Jahren in einem Hotel in Beverly Hills.
In der Karriere Houstons habe es viel Fremdbestimmtheit gegeben, sagte Jacob. „In den Sphären, in denen sie sich bewegt hat, zerrten viele Seiten an ihr: die Familie, die Platten-Industrie und ihre eigenen Ansprüche.“ Viele sehr persönliche Bereiche seien in die Öffentlichkeit gekommen, von ihrer problematischen Ehe bis zu ihrer sexuellen Ausrichtung.
Ähnlich wie Whitney Houston habe auch die schwarze Sängerin Tina Turner einen gewalttätigen Ehemann und die Diskussion um schwarze und weiße Musik erlebt. Turner habe jedoch selbst darüber bestimmt, welche Art von Musik sie machte und welches Bild von ihr in der Öffentlichkeit existiert habe. „Bei Tina Turner war das Narrativ, dass sie ihr Schicksal selbst in die Hand genommen hat, ihren Ehemann rausgeschmissen und es da herausgeschafft hat“, sagte Jacob.
Die Musik von Houston hat nach Worten Jacobs viele Künstlerinnen von Missy Elliott, Lauryn Hill, Alicia Keys bis Céline Dion beeinflusst. „Whitney Houston war ein Stimmwunder erster Güte. Es ist unfassbar, was sie konnte“, würdigte der Hochschulrektor die Musikerin. Als an der Folkwang-Universität die ersten Musical-Jahrgänge begonnen hätten, hätten alle versucht, die Pop-Balladen von Houston zu singen. „Das ist aber extrem schwer - die meisten sind daran gescheitert.“