Niger: Chef der Präsidentengarde bekennt sich zum Militärputsch

Niger: Chef der Präsidentengarde bekennt sich zum Militärputsch
Wer nach dem Militärputsch die Macht im Sahel-Staat Niger übernommen hat, war zunächst unklar. Nun hat sich der Chef der Präsidentengarde, General Tchiani, als Putschistenführer zu erkennen gegeben.

Frankfurt a.M., Niamey (epd). Im Sahel-Staat Niger hat nach dem Militärputsch offenbar der Chef der Präsidentengarde, General Abdourahmane Tchiani, die Macht übernommen. In einer am Freitag im nationalen Fernsehen RTN übertragenen Rede sprach Tchiani als Präsident des „Nationalrates zur Rettung des Vaterlandes“ (CNSP), der am Mittwoch die gewählte Regierung um Präsident Mohamed Bazoum abgesetzt hatte. Bisher war unklar, wer hinter der Gruppe steht.

Der auch unter dem Namen Omar bekannte General begründete die Machtergreifung vor allem mit der schlechten Sicherheitslage sowie der schlechten Regierungsführung im wirtschaftlichen und sozialen Bereich. Der 62-Jährige ist seit mehreren Jahren Befehlshaber der Präsidentengarde und gilt als Vertrauter des ehemaligen Präsidenten Mahamadou Issoufou.

Im Niger hatten am Mittwoch Militärs, die sich auf einen „Nationalrat für den Schutz des Vaterlandes“ bezogen, die gewählte Regierung abgesetzt. Zuvor hatten Mitglieder der Präsidentengarde den Palast des Präsidenten in der Hauptstadt Niamey blockiert. Die nigrische Armeeführung signalisierte inzwischen Unterstützung für die Putschisten und verwies auf die möglichen Folgen einer Konfrontation innerhalb der Streitkräfte.

Bis zur Machtergreifung der Militärs galt der Niger für den Westen als stabiler Partner in der Region. In den Nachbarländern Mali und Burkina Faso war es in den vergangenen Jahren ebenfalls zu Militärputschen gekommen. In seiner Erklärung kritisierte Tchiani die bisherige Politik, die jegliche Zusammenarbeit mit den beiden Nachbarländern ausschließe. Dem Ausland versicherte der General, dass der Nationalrat sich an alle internationalen Verträge halten werden, inklusive Vereinbarungen zu den Menschenrechten.

Der Machtwechsel im Niger hat auch Folgen für den Abzug der Bundeswehr aus Mali. Nach bisherigen Planungen sollte der Lufttransportstützpunkt in der Hauptstadt Niamey eine zentrale Rolle dabei spielen. Etwa 100 deutsche Soldatinnen und Soldaten sind derzeit in dem Land stationiert.

Für Debatten über ein Ende des Bundeswehr-Engagements in Niger ist es aus Sicht von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) noch zu früh. Es brauche Geduld, um zu sehen, wie sich das Machtzentrum in dem Land formiere, sagte Pistorius dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“. Auch ob alternative Pläne für den Abzug aus Mali benötigt würden, sei derzeit noch nicht abzusehen.

Der Putsch könnte die humanitäre Krise in dem Land mit etwa 26 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern verschärfen. Ein Sprecher der Vereinten Nationen sagte am Donnerstag (Ortszeit) in New York mit Verweis auf die UN-Hilfsagentur Ocha, dass die humanitären Operationen vorerst ausgesetzt seien. Auch die Hilfsorganisation „Aktion gegen den Hunger“ stoppte die Projekte in Teilen des Landes.

Nach UN-Angaben sind in dem Land 4,3 Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen, mehr als doppelt so viele wie noch im Jahr 2017. Vor allem in der Grenzregion zu Mali und Burkina Faso sind im Niger islamistische Milizen und bewaffnete Banden aktiv.

International war der Putsch scharf verurteilt worden, unter anderem von den UN und der Bundesregierung. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erklärte am Freitag, dass jeder Bruch mit der verfassungsmäßigen Ordnung Auswirkungen auf die Zusammenarbeit mit dem Niger haben werde - „einschließlich der sofortigen Aussetzung jeglicher Budgethilfe“.