Bundesumweltministerin warnt vor Katastrophe im Wattenmeer

Bundesumweltministerin warnt vor Katastrophe im Wattenmeer
Nationalpark-Chef Südbeck: Große Sorge um Unesco-Weltnaturerbe
Während Rettungskräfte versuchen, vor der niederländischen Küste einen Brand auf einem Transportschiff zu löschen, wächst die Sorge um das Weltnaturerbe Wattenmeer. Gelangt Öl aus dem Schiff ins Meer, ist der einzigartige Lebensraum in Gefahr.

Hannover (epd). Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) befürchtet eine massive Umweltkatastrophe im Wattenmeer, sollte das in der Nordsee vor der niederländischen Insel Ameland brennende Frachtschiff „Fremantle Highway“ sinken. In diesem Falle könnten große Mengen Treibstoff und weitere umweltschädliche Schadstoffe aus der Ladung des Autotransporters das empfindliche Ökosystem der Nordsee großflächig verschmutzen, sagte die Ministerin am Donnerstag. „Der einzigartige Nationalpark Wattenmeer ist ernsthaft in Gefahr.“ Der Chef des Nationalparks, Peter Südbeck, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), nun könne nur noch gehofft werden.

Seit Dienstagnacht versuchen Spezialkräfte unter niederländischer Leitung, das Feuer auf dem mit 2.875 Autos beladenen Schiff zu bekämpfen. Löschtrupps können wegen der großen Hitze nicht an Bord. Zudem teilte die niederländische Küstenwache mit, der Schiffsrumpf könne nicht mehr dauerhaft von außen mit Meerwasser gekühlt werden. Dies gefährde die Stabilität des Schiffes zusätzlich. Die 23 Besatzungsmitglieder wurden laut dem deutschen Havariekommando in Cuxhaven evakuiert. Nach Auskunft der niederländischen Küstenwache kam ein Besatzungsmitglied ums Leben.

Das Havariekommando geht derzeit davon aus, dass die Schiffsstruktur von dem Feuer stark beschädigt wird. In der Folge sei es möglich, dass das Schiff sinkt und Schadstoffe freisetzt. Dem Bundesumweltministerium zufolge befinden sich 1.600 Tonnen Schweröl und weitere 200 Tonnen Marinediesel an Bord. Hinzu kommen mögliche Tankinhalte der transportierten Fahrzeuge sowie Verbrennungsrückstände und Löschwasser. Abhängig von den Wind- und Strömungsverhältnissen könne nicht ausgeschlossen werden, dass Schadstoffe in Richtung deutscher Gewässer treiben würden.

Die Sorge in der Nationalparkverwaltung mit Sitz in Wilhelmshaven sei groß, sagte Südbeck: „Wir sitzen hier ein wenig wie das sprichwörtliche Kaninchen vor der Schlange.“ Sollte das Schiff kentern oder zerbersten, würden fast sicher Öl und andere Giftstoffe ins Weltnaturerbe gelangen. Er hoffe, dass die Rettungs- und Katastrophenschutzschiffe vor Ort im schlimmsten Fall mit technischen Mitteln einen großen Teil der Stoffe auffangen könnten. „Wir selbst als Nationalparkverwaltung können dann nur noch sehr wenig machen.“

Südbeck unterstrich die Notwendigkeit der Prävention: „Die Schiffsrouten müssen weit außerhalb des Nationalparks verlaufen, damit im Ernstfall genug Zeit für Gegenmaßnahmen bleibt.“ Unfälle durch Wetter, menschliches oder technisches Versagen könnten in der Schifffahrt nicht ausgeschlossen werden.

Seit 2009 steht das Wattenmeer wegen seiner herausragenden geologischen und ökologischen Bedeutung auf der Unesco-Liste des Welterbes der Menschheit. Es erstreckt sich über eine Länge von rund 500 Kilometern entlang der deutschen, niederländischen und dänischen Nordseeküste und ist damit das größte Wattsystem der Welt. Es bietet mehr als 10.000 Tierarten, Pflanzen und Kleinstlebewesen einen einzigartigen Lebensraum. Jedes Jahr rasten hier rund zwölf Millionen Zugvögel auf ihrem Weg zwischen Südafrika und Nordsibirien und Kanada.