Berlin (epd). Der Handel mit fairen Produkten ist trotz der wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs nicht eingebrochen. Erstmals habe der Gesamtumsatz im vergangenen Jahr die Zwei-Milliarden-Euro-Schwelle überschritten, erklärte der Geschäftsführer des Forums Fairer Handel, Matthias Fiedler, am Dienstag in Berlin. Pro Kopf wurden demnach für fair gehandelte Produkte durchschnittlich 25,83 Euro ausgegeben.
Die Umsatzsteigerung betrug im Vergleich zu 2021 unter Berücksichtigung der geschätzten Endverbraucherpreise 11,5 Prozent. Die durchschnittliche allgemeine Inflationsrate habe zugleich bei sieben Prozent und bei mehr als 13 Prozent bei Lebensmitteln gelegen, betonte Fiedler. Verbraucher hätten für insgesamt 2,18 Milliarden Euro fair gehandelte Lebensmittel, Textilien, Kosmetik, Blumen und Kunsthandwerk gekauft, hieß es.
Fiedler sagte, es sei eine gute Nachricht, dass der faire Handel stabil geblieben sei. Dies liege vor allem an den Kunden der mehr als 900 Weltläden in Deutschland. Dagegen sei der Umsatz im Lebensmitteleinzelhandel zurückgegangen.
Die Verbandsvorsitzende Andrea Fütterer betonte, Verbraucher allein könnten den notwendigen Wandel zu einem gerechteren und nachhaltigeren Welthandel nicht bewerkstelligen. „Wir brauchen ein Wirtschaftsmodell, das Fairness und Nachhaltigkeit entlohnt und in dem die Prinzipien des fairen Handels zum Standard werden“, forderte sie. So sprechen sich das Forum und die „Initiative für faire Preise in der Lieferkette“ etwa für ein gesetzliches Verbot des Einkaufs unterhalb der Produktionskosten aus.
Als Folge des Ukraine-Kriegs seien nicht nur in Deutschland Lebenshaltungs- und Produktionskosten gestiegen, betonte Fütterer. Dies gelte erst recht für die Länder des Globalen Südens. Hier seien die Preise für Grundnahrungsmittel wie Bohnen und Maniokmehl in kürzester Zeit so stark gestiegen, dass diese zum Luxusgut geworden seien. Dies gelte auch für die Transport- und Produktionskosten.
Zugleich müssten die Handelspartner, oftmals Kleinbauern und Kooperativen, wegen des Klimawandels mit sinkenden Erträgen kämpfen, sagte Fütterer. Faire Lieferketten seien für die Handelspartner in Afrika, Asien und Lateinamerika deshalb wichtiger denn je. Zudem gerieten Partner zunehmend unter politischen Druck, etwa in Guatemala und Honduras.
Der größte Anteil am Gesamtumsatz des vergangenen Jahres entfiel mit knapp 36 Prozent auf Kaffee, gefolgt von Südfrüchten mit rund zehn Prozent, anderen Lebensmitteln mit rund neun Prozent und Textilien mit ebenfalls neun Prozent. Bei einem gestiegenen Kaffeekonsum in Deutschland sank der Marktanteil von fair gehandeltem Kaffee von mehr als sechs Prozent 2021 auf 5,6 Prozent im vergangenen Jahr.
Laut einer Umfrage im Auftrag des Forums Fairer Handel greifen rund 70 Prozent der Verbraucher in Deutschland mindestens gelegentlich gezielt zu fair gehandelten Produkten. Für etwa ein Drittel stehe dabei eine faire Entlohnung der Produzenten an oberster Stelle.
Mitglieder des Forums Fairer Handel sind Organisationen, die ausschließlich im fairen Handel arbeiten. Dazu gehören unter anderem das Unternehmen Gepa, der Weltladen-Dachverband und der Naturland-Verband.