Berlin (epd). Die Berliner Wirtschaftsprofessorin Katharina Wrohlich hält es für unwahrscheinlich, dass eine Streichung des Elterngeldes für Paare mit mehr als 150.000 zu versteuerndem Jahreseinkommen das Verhalten der Betroffenen beeinflusst. „Man muss bedenken, dass das Elterngeld ja bei 1.800 Euro pro Monat gedeckelt ist. Das heißt, für viele in dieser jetzt von den Einsparungen betroffenen Gruppe ersetzt das Elterngeld auch jetzt schon nur einen geringen Teil ihres Netto-Einkommens“, sagte die Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) will das Elterngeld für Besserverdiener streichen: Paare, die mehr als 150.000 Euro zu versteuerndes Jahreseinkommen einnehmen, sollen ab 2024 die staatliche Leistung nicht mehr erhalten. Derzeit liegt die Obergrenze bei 300.000 Euro.
Wrohlich schätzt, dass die Senkung der Einkommens-Obergrenze maximal vier bis fünf Prozent aller Paare mit neugeborenem Kind betrifft. „Die, die es trifft, haben ein sehr hohes Einkommen.“ Im Verhältnis zu einem steuerpflichtigen Jahreseinkommen von 150.000 bis 300.000 Euro mache ein Elterngeld von maximal 1.800 Euro pro Monat nur einen geringen Teil des Einkommens dieser reichen Paare aus. „Daher ist die Frage, inwiefern da wirklich Verhaltensänderungen zu erwarten sind“, sagte die Forscherin.
Die von der Familienministerin angekündigte Sparmaßnahme sei aus sozialpolitischer Sicht vertretbar. Die gleichstellungspolitischen Ziele des Elterngeldes würden jedoch „zum Teil durch die Einsparungen konterkariert“, erklärte Wrohlich. Es sei ein wichtiges Ziel der Einführung des Elterngeldes im Jahr 2007 gewesen, die ökonomische Unabhängigkeit beider Elternteile vom Partner zumindest teilweise zu ermöglichen.
Um die Erwerbsbeteiligung verheirateter Frauen zu fördern, gibt es außer dem Elterngeld laut Wrohlich viele weitere Maßnahmen. „Seit vielen Jahren werden von zahlreichen Akteuren Reformen des Ehegattensplittings angemahnt. Das Ehegattensplitting - insbesondere in Kombination mit der steuerlichen Behandlung der Einkünfte aus Minijobs - hemmt nachweislich die Erwerbsbeteiligung verheirateter Frauen und fördert eine ungleiche Aufteilung der Erwerbs- und Sorgearbeit in Familien.“ Eine Reform des Ehegattensplittings sei daher aus gleichstellungs- und auch aus arbeitsmarktpolitischer Perspektive sinnvoll, sagte Wrohlich.