Brüssel (epd). Der EU-Gipfel ist ohne eine Einigung in Fragen der Migrationspolitik zu Ende gegangen, weil Polen und Ungarn den erst vor drei Wochen getroffenen EU-Asylkompromiss nicht mittragen. Insbesondere lehnten sie den geplanten Solidaritätsmechanismus ab, der die verpflichtende Verteilung einer geringen Anzahl von Schutzsuchenden auf die Mitgliedstaaten vorsieht. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich dennoch zuversichtlich. Er habe „Grundvertrauen, dass eine in den Verträgen Europas vorgegeben Gesetzgebung auch von allen Beteiligten beachtet wird“, und da es in der Umsetzung verschiedene Wege gebe, mache er sich keine große Sorgen, sagte Scholz zum Abschluss des EU-Gipfels am Freitag in Brüssel.
Nach jahrelangen Verhandlungen hatten sich die EU-Innenminister Anfang Juni auf einen Kompromiss für eine EU-Asylreform geeinigt. Unter anderem sollen Staaten einen Solidaritätsmechanismus auslösen können, wenn sie unter hohen Migrationsdruck geraten. Pro Jahr sollen demnach mindestens 30.000 Menschen umverteilt werden können. Staaten, die keine Flüchtlinge und Migranten aufnehmen wollen, können stattdessen Ausgleichszahlungen in Höhe von 20.000 Euro pro abgelehnter Person leisten. Polen und Ungarn waren bei dem Vorschlag überstimmt worden.
Die Ablehnung Ungarns und Polens beim EU-Gipfel kann das Gesetzespaket nicht verhindern, weil sich die EU-Mitgliedsstaaten Anfang Juni formal auf den Kompromiss geeinigt hatten. Damit sind die Verhandlungen mit dem EU-Parlament über den konkreten Wortlaut des Gesetzestexts eingeleitet worden. Ungarn und Polen könnten die Umsetzung aber blockieren und kündigten dieses beim Gipfel bereits an.