Berlin (epd). Vor der für kommende Woche geplanten Abstimmung im Bundestag über eine mögliche Regelung der Suizidassistenz hat sich die Diakonie skeptisch über beide vorliegenden Vorschläge geäußert. Eine gesetzliche Regelung dürfe nicht zu einer Normalisierung des assistierten Suizids führen, erklärte Diakoniepräsident Ulrich Lilie am Freitag. Der Aufbau eines Beratungs- und Begutachtungssystems habe aber eben auch den paradoxen Effekt, dass Normalisierung eintrete. „Wir legalisieren also etwas, das wir als Gesellschaft gerade nicht als Normalität wollen sollten“, sagte Lilie.
Indirekt wendet er sich damit gegen beide Vorschläge, die ein unterschiedlich strenges Verfahren für die Abgabe tödlich wirkender Mittel zum Zweck der Selbsttötung vorsehen. Eine fraktionsübergreifende Gruppe um Lars Castellucci (SPD) plant eine strafrechtliche Regelung, nach der die Verschreibung nur nach ärztlicher Begutachtung und einer Beratung erlaubt wäre. Abgeordnete mehrerer Fraktionen um Katrin Helling-Plahr (FDP) wollen dagegen eine Beratungsregelung ähnlich der beim Schwangerschaftsabbruch, dies aber nicht im Strafgesetzbuch festschreiben.
Lilie sagte, bei einer gesetzlichen Regelung des assistierten Suizids müssten Selbstbestimmung und Lebensschutz gut ausbalanciert werden. Der Diakoniepräsident erneuerte seine Forderung nach einem Suizidpräventionsgesetz. Dies müsse klaren Vorrang vor der Regelung des assistierten Suizids haben, sagte er. Er sprach sich dafür aus, das Thema nochmals gründlich über die jetzt vorliegenden Entwürfe hinaus zu diskutieren.
Das Bundesverfassungsgericht hatte 2020 geurteilt, dass das Recht auf selbstbestimmtes Sterben auch das Recht umfasst, sich das Leben zu nehmen und dabei Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen. Damit kippte es ein wenige Jahre zuvor verabschiedetes Verbot organisierter Suizidassistenz, das auf Sterbehilfeorganisationen zielte. Seitdem wird um eine Neuregelung gerungen. Die Abstimmung im Bundestag über die nun vorliegenden Vorschläge ist für nächsten Donnerstag geplant.