Wahl in Guatemala: Linkskandidat erreicht überraschend Stichwahl

Wahl in Guatemala: Linkskandidat erreicht überraschend Stichwahl
Im Ringen um das Präsidentenamt in Guatemala kommt es zu einer Stichwahl. Am 20. August tritt der linke Kandidat Arévalo gegen die sozialdemokratische Favoritin Torres an.

Frankfurt a.M., Guatemala-Stadt (epd). Bei der Präsidentschaftswahl in Guatemala hat sich der Kandidat der linken Bewegung Semilla unerwartet den Einzug in die Stichwahl gesichert. Nach Auszählung von rund 98 Prozent der Stimmen kam Bernardo Arévalo mit 11,8 Prozent auf den zweiten Platz, wie örtliche Medien am Montag meldeten. Die Favoritin Sandra Torres von der sozialdemokratisch-zentristischen UNE-Partei erhielt mit knapp 15,8 Prozent die meisten Stimmen. Torres und Arévalo werden am 20. August zur Stichwahl gegeneinander antreten.

Zwei rechte Kandidaten, die als Favoriten galten, kamen bei der Wahl am Sonntag dagegen auf wesentlich weniger Stimmen als erwartet. Zury Rios, die Tochter des verstorbenen Diktators Efraín Rios Montt, erhielt 7,8 Prozent, Edmond Mulet von der Mitte-Rechtspartei Cabal 6,7 Prozent der Stimmen.

Auffällig groß war die Zahl der Menschen, die offenbar bewusst ungültig wählten. Mehr als 17 Prozent gaben einen ungültigen Stimmzettel ab, 7 Prozent einen leeren. Mehrere oppositionelle Kandidaten, die von den Wahlen ausgeschlossen wurden, hatten zu diesem Schritt aufgerufen. Der amtierende Präsident Alejandro Giammattei durfte kein zweites Mal für die Wahl des Staatsoberhaupts antreten.

Prognosen sahen Arévalo bei etwa drei Prozent der Stimmen. Die Bewegung Semilla, für die er antritt, ist im Zuge von Protesten im Jahr 2015 entstanden, die sich gegen korrupte Politiker, Militärs und Unternehmer richtete. Dass Arévalo so viele Stimmen für sich verbuchen konnte, weist ebenso wie die hohe Zahl an ungültigen Stimmen darauf hin, dass viele Menschen wenig Vertrauen in die traditionellen politischen Parteien haben. Auch Giammattei wird verdächtigt, in korrupte Geschäfte verwickelt zu sein.

Über 9,3 Millionen Guatemalteken waren aufgerufen, einen neuen Präsidenten zu wählen. Neben dem Staatschef wurden auch ein neues Parlament, neue Bürgermeister sowie die Abgeordneten des zentralamerikanischen Parlaments gewählt.

Die Wahlen standen schon vorab in der Kritik, nachdem drei Bewerbern eine Kandidatur verboten wurde, darunter die indigene Thelma Cabrera von der linken Bewegung MLP. Menschenrechtsorganisationen kritisierten zudem ein repressives Vorgehen gegen Journalisten und Juristen, die sich der Aufklärung der korrupten Machenschaften widmen.