Proteste gegen Asylkompromiss zum Weltflüchtlingstag

Proteste gegen Asylkompromiss zum Weltflüchtlingstag
Zum Weltflüchtlingstag regt sich Protest gegen den EU-Asylkompromiss. Hilfsorganisationen fordern Nachbesserungen, die Evangelische Kirche in Deutschland spricht sich für eine "Rückkehr zu einer menschenrechtsbasierten Flüchtlingspolitik" aus.

Berlin (epd). Hilfsorganisationen, Kirchen und Parteien haben zum Weltflüchtlingstag am Dienstag den jüngst gefundenen Asylkompromiss der Europäischen Union kritisiert. Hilfsorganisationen veröffentlichten einen offenen Brief, Pro Asyl demonstrierte in Berlin und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) wies unter anderem auf die Situation minderjähriger Geflüchteter und ihrer Familien hin.

Die EU-Innenminister hatten sich vor knapp zwei Wochen auf eine Verschärfung des Asylrechts verständigt. Ein zentraler Punkt ist die Einführung von Grenzverfahren an der EU-Außengrenze. Diese sollen den Asylverfahren vorgeschaltet werden. Dabei wird zunächst formal geprüft, ob Schutzsuchende einen Asylantrag stellen dürfen. Sie müssen so lange in den Erstaufnahme-Lagern bleiben. Deutschland, Irland, Luxemburg und Portugal dringen weiter auf Ausnahmen für Minderjährige und ihre Familienangehörigen.

Mehr als 180 Organisationen und Initiativen forderten unterdessen in einem Offenen Brief eine lückenlose Aufklärung des Bootsunglücks vor der griechischen Küsten mit mutmaßlich Hunderten Toten. Der Schiffbruch sei die „unmittelbare Folge politischer Entscheidungen, die Menschen daran hindern sollen, in Europa anzukommen“, heißt es in dem Appell, den unter anderen Organisationen wie Sea-Watch, die Seebrücke und medico international unterzeichnet haben.

Mit einem symbolischen Trauermarsch protestierte die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl im Berliner Regierungsviertel gegen den Asylkompromiss der Europäischen Union. Knapp 100 Demonstranten zogen Polizeiangaben zufolge am Dienstag mit drei Särgen vom Bundesinnenministerium zum Reichstagsgebäude. Mit der geplanten Reform würde geflüchteten Menschen in Europa der Zugang zu rechtsstaatlichen Asylverfahren verwehrt, kritisierte Pro Asyl. Bei dem anstehenden Gesetzgebungsprozess in Brüssel müsse die Bundesregierung die Zustimmung zu dem Kompromiss verweigern.

Die EKD veröffentlichte ein überarbeitetes Positionspapier. Der EKD-Flüchtlingsbeauftragte, Bischof Christian Stäblein, sagte: „Wir drängen auf die Rückkehr zu einer menschenrechtsbasierten Flüchtlingspolitik, die den Zugang zu fairen Asylverfahren garantiert und Schutzsuchenden legale Wege ermöglicht, ihr Leben zu retten.“ In dem Papier heißt es unter anderem, dass besonders darauf zu achten sei, dass Familien durch Flucht und Migration auseinandergerissen würden. Sie stünden in Deutschland jedoch unter besonderem Schutz des Staats.

Die Grünen bekräftigten ihre Forderung zu Nachbesserungen am Asyl-Kompromiss. Deutschland müsse Verantwortung übernehmen bei der Schaffung sicherer Einreisewege, verlangten die parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion, Filiz Polat, und der Europa-Experte Julian Pahlke. Die Zahl der Plätze für eine Aufnahme über das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR „muss signifikant steigen, damit weniger Menschen sich auf gefährliche Routen begeben müssen“, forderten sie.

Laut dem UNHCR waren im Mai 2023 schätzungsweise 110 Millionen Kinder, Frauen und Männer auf der Flucht vor Verfolgung, Gewalt und Krieg. Zudem erfasste das UNHCR mehr als fünf Millionen Asylbewerberinnen und -bewerber.