Berlin (epd). Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz steht kurz vor der Abstimmung im Bundestag. Am Montag präsentierten die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP kleinere Änderungen, auf die sich die Ampel-Koalitionäre auf den letzten Metern noch verständigt haben. Nun soll es noch in dieser Woche kurzfristig zur abschließenden Beratung im Parlament aufgesetzt werden, wie die Fraktionsgeschäftsführerinnen Katja Mast (SPD) und Irene Mihalic (Grüne) sowie FPD-Fraktionsgeschäftsführer Johannes Vogel in Berlin mitteilten. Zu den Änderungen gehört erstmals die Möglichkeit eines Spurwechsels für Asylbewerber, allerdings nur für eine eng definierte Gruppe.
Spurwechsel bedeutet, dass Menschen, die keinen Anspruch auf einen Asylstatus in Deutschland haben, bleiben können, wenn sie eine Arbeit finden. Diese Möglichkeit soll nun kommen für all diejenigen, die zum Stichtag 29. März dieses Jahres im laufenden Asylverfahren waren. Im Grunde gilt für sie: Erfüllen sie die Voraussetzungen des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes, können sie bleiben, wenn sie einen Job finden. Eine Chance ist das vor allem für Menschen, die keinen Flüchtlingsstatus bekommen. Anerkannte Flüchtlinge haben bereits jetzt die Möglichkeit, arbeiten zu gehen.
Zum 31. März waren laut Statistik des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge rund 163.000 Asylverfahren anhängig. Der Anteil derer, die einen Schutzstatus bekommen, liegt aktuell bei gut 51 Prozent. Der von der Koalition gewählte Stichtag begründet sich durch das Öffentlichwerden der Gesetzespläne durch den Kabinettsbeschluss an diesem Tag, wie Vogel erläuterte. Für den Spurwechsel eingesetzt hatten sich die Grünen.
Mit der Novelle des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes, das die große Koalition unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beschlossen hatte, will die Ampel-Koalition die Zuwanderung von Fachkräften deutlich erleichtern. Künftig soll es Ausländerinnen und Ausländern aus Nicht-EU-Ländern ermöglicht werden, mit einer „Chancenkarte“ auf der Basis eines Punktesystems zur Arbeitssuche nach Deutschland zu kommen. Fachkräfte mit Berufsabschluss und -erfahrung können kommen, ohne dass sie vorher ihren Abschluss von Deutschland anerkennen lassen müssen. Für Ausländerinnen und Ausländer mit einem von Deutschland anerkannten Abschluss werden die Hürden gesenkt, etwa das vorgeschriebene Mindestgehalt.
SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Mast sagte, es sei längst überfällig, dass eine so große Volkswirtschaft eines der modernsten Einwanderungsgesetze bekomme. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erklärte, es werde auch dabei helfen, Migration „vernünftig zu sortieren“. Beide betonten zugleich, dass Zuwanderung in den Arbeitsmarkt und solche aus humanitären Gründen künftig grundsätzlich nicht vermengt werden sollen.
Den Spurwechsel, der nun unter engen Voraussetzungen kommt, bezeichnete Mihalic als gut für Unternehmen, die darauf warteten, dass Menschen, die sich bereits im Land befinden, hier auch arbeiten können. Zudem sei er gut für die Kommunen, die von Bürokratie und Kosten entlastet würden, betonte die Grünen-Politikerin.
Der FDP-Politiker Vogel hob hervor, dass sich die Koalitionsfraktionen im Bundestag noch auf weitere kleinere Änderungen verständigt haben, die Perspektiven für Zugewanderte mit der „Chancenkarte“ verbessern und Hürden für Hochqualifizierte senken. Die Mindesteinkommensgrenze, mit der Arbeitszuwanderung über die Blue Card möglich ist, soll nach seinen Angaben auf rund 3.500 Euro brutto pro Monat gesenkt werden.
Die Koalitionsfraktionen einigten sich zudem auf letzte Details für das geplante Aus- und Weiterbildungsgesetz, das für eine bessere Qualifikation der erwerbsfähigen Menschen in Deutschland sorgen soll. Dazu gehöre eine Ausbildungsgarantie für alle Jugendlichen in Deutschland. Inländische Potenziale zu unterstützen und zu fördern, sei die zweite Seite der Medaille, um Fachkräfte zu gewinnen, sagte Mast. Das Gesetz soll ebenfalls in dieser Woche im Bundestag zur Abstimmung gestellt werden. Beide Gesetze wurden bereits in erster Lesung im Bundestag debattiert.