Berlin (epd). Der Vorsitzende der Enquete-Kommission zu den Lehren des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr, Michael Müller (SPD), kritisiert rückblickend eine mangelnde Zusammenarbeit der zuständigen Ministerien während des 20-jährigen Engagements. Der Bundestagsabgeordnete sagte am Donnerstag in Berlin, „der integrierte Ansatz hat nur unzureichend funktioniert“. Dieser Ansatz sieht vor, dass das Engagement aller Akteure, also Streitkräfte, Entwicklungshilfe und Diplomatie, aufeinander abgestimmt erfolgt. Müller betonte: „Das war ein Anspruch, er wurde aber nicht entsprechend gelebt.“
Der Bundestag hatte im vergangenen Sommer die Einsetzung der Kommission beschlossen, die den Einsatz am Hindukusch analysieren und Lehren für die Zukunft militärischer Einsätze ziehen soll. Dem Gremium gehören Abgeordnete und Sachverständige an.
Müller sagte, bis zuletzt habe man in Afghanistan Land und Leute nicht verstanden, sondern sich vor allem auf die Städte konzentriert. Die Abhängigkeit von den USA sei zu groß gewesen und ein mögliches Ende des Einsatzes nicht genügend bedacht worden. Er verwies darauf, dass bei den Enquete-Befragungen ehemalige Mitglieder des Parlaments eine Strukturreform vorgeschlagen hätten, um ein ressortübergreifendes Lagebild zu bekommen, etwa eine Art nationalen Sicherheitsrat.
Die Ombudsfrau für die SPD in der Kommission, Derya Türk-Nachbaur, sprach von einem „Silo-Denken“ aller Beteiligten. Sie forderte mehr Abstimmungen der Aktivitäten, etwa durch ein technisches Monitoringtool, damit die linke Hand wisse, was die rechte tue. Teilweise seien Entwicklungsprojekte von mehreren Stellen gleichzeitig gefördert worden.
Für den 3. Juli plant die Enquete-Kommission, die frühere SPD-Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul dazu zu befragen und den ehemaligen CDU-Verteidigungsminister Thomas de Maizière. Auch der Grünen-Ex-Außenminister Joschka Fischer wurde den Angaben nach angefragt.