Theologe Athanasiou: Nationalismus tötet Geist der Orthodoxie

Theologe Athanasiou: Nationalismus tötet Geist der Orthodoxie

Bonn (epd). Die orthodoxen Kirchen müssen sich nach Ansicht des griechisch-orthodoxen Theologen Stefanos Athanasiou kritisch hinterfragen, wie sehr sie sich von Nationalismus vereinnahmen lassen. „Die ideologische Bindung einer Kirche an eine Nation tötet den Geist der Orthodoxie“, sagte der Erzpriester und Theologieprofessor der Ludwig-Maximilians-Universität München beim Jahresempfang der Griechisch-Orthodoxen Metropolie von Deutschland und für Zentraleuropa am Montagabend in Bonn.

Nicht zuletzt angesichts des Kriegs in der Ukraine stehe das Selbstverständnis vieler orthodoxer Kirchen auf dem Prüfstand, sagte Athanasiou. Orthodoxe Theologen hätten schon Ende des 19. Jahrhunderts vor den katastrophalen Folgen gewarnt, wenn die orthodoxe Vorstellung von Heiligkeit Nationalismus begründe. Auftrag der Kirche sei vielmehr, die spirituelle Einheit der Christen über Grenzen hinweg zu stärken. „Unsere Theologie schöpft aus der Heiligkeit des Lebens, nicht aus einer Nation“, sagte Athanasiou.

Der griechisch-orthodoxe Metropolit von Deutschland, Augoustinos Lambardakis, nannte die Worte von Athanasious eine „sehr nachdenkliche Anfrage an die Orthodoxie insgesamt“. Zugleich rief er dazu auf, die Gespräche unter allen Christen zu stärken. „Der Geist der Ökumene stiftet Einheit und schafft Frieden“, erklärte der ranghöchste Vertreter der griechisch-orthodoxen Kirche in Zentraleuropa außerhalb von Griechenland vor Vertretern aus Kirche und Politik.