Faeser kündigt Nachbesserungen an EU-Asylreformen an

Faeser kündigt Nachbesserungen an EU-Asylreformen an
Kritik an geplanten Verschärfungen hält an
Die vorgesehene EU-Asylreform stößt weiter auf deutliche Kritik. Die Bundesregierung verteidigt ihre Zustimmung zu den Änderungen und kündigt zugleich Nachbesserungen an.

Berlin (epd). Die geplanten Änderungen des europäischen Asylsystems sorgen weiter für Kontroversen. Während die Bundesregierung das Vorhaben verteidigte, sehen Kritikerinnen und Kritiker das Rechts auf Asyl gefährdet. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte derweil Nachbesserungen an: „Wir wollen jetzt zusammen mit dem Europäischen Parlament in den weiteren Verhandlungen dafür sorgen, dass Familien mit Kindern nicht ihr Asylverfahren an den Außengrenzen durchlaufen müssen, sondern gleich in die EU einreisen können“, sagte Faeser der „Bild am Sonntag“.

Die Innenministerinnen und Innenminister der EU-Staaten hatten sich am Donnerstag nach jahrelangen Verhandlungen über eine Reform des europäischen Asylsystems geeinigt. Es sieht einen verbindlichen Mechanismus mit dem Ziel einer gerechteren Verteilung Schutzsuchender auf alle EU-Staaten vor. Die geplante Reform enthält aber auch Asylrechtsverschärfungen. Insbesondere die vorgesehenen Grenzverfahren, die Asylverfahren vorgeschaltet werden sollen, um Menschen ohne Schutzberechtigung schnell wieder zurückschicken zu können, sorgen für Kritik. Deutschland sei das Land, das sich am deutlichsten für Menschenrechte stark gemacht habe, sagte Faeser.

Nach Einschätzung des Europäischen Flüchtlingsrates Ecre höhlen die geplanten Änderungen das Asylrecht aus. „Das Ergebnis bedeutet, dass mehr Menschen in Haftzentren an den Grenzen festgehalten werden und ihre Asylanträge dort bearbeitet werden“, sagte die Ecre-Direktorin Catherine Woollard dem epd in Brüssel: „Das ist ein Asylverfahren zweiter Klasse.“ Grenzverfahren fänden fast immer in einer Situation der Inhaftierung statt, in der die Menschen keinen Zugang zu Schutzmaßnahmen und Anwälten haben, die für einen fairen Ablauf aber nötig seien. EU-Nachbarländer würden zudem womöglich motiviert, Geflüchtete durch sogenannte Pushbacks zurückzudrängen, statt ihnen die Einreise und den Zugang zu den Asylverfahren zu gewähren, weil die Verfahren einen großen Aufwand darstellten.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verteidigte das Vorhaben. „Es geht um Solidarität“, sagte er am Samstag auf dem evangelischen Kirchentag in Nürnberg. Die Verabredung sei, dass ein Solidaritäsmechanismus etabliert werde, in dem Staaten wie Deutschland Flüchtlinge aus den Grenzstaaten übernehmen, dort dafür aber alle registriert werden. Das jetzige System sei weder gut für die Schutzsuchenden noch für die beteiligten Länder. In Bezug auf die Grenzverfahren sagte Scholz, es brauche Regeln. Man müsse dies auch machen, um das Asylrecht zu schützen.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) wehrte sich gegen Kritik auch aus ihrer Partei. Sie glaube, dass es mit dieser gemeinsamen europäischen Lösung „für die Mehrheit der Geflüchteten die Chance gibt, dass es besser wird“, sagte sie ebenfalls am Samstag beim Kirchentag. Gleichzeitig sprach sie von einer „schwierigen Entscheidung“ und von den „sicherlich schwersten politischen Tagen“. „Ich halte diese Grenzverfahren für falsch, aber hätten wir gesagt, wir werden darüber gar nicht verhandeln, hätten wir nicht die Möglichkeit gehabt, überhaupt in die Verteilung zu gehen“, sagte Baerbock.

Auch Innenministerin Faeser sieht Deutschland durch die geplante Verteilung entlastet. Außerdem herrsche große Einigkeit darüber, dass Staaten, die keine Geflüchteten aufnehmen wollen, Ausgleichszahlungen leisten müssen, sagte sie der „Bild am Sonntag“.

Deutliche Kritik an den Reformvorschlägen kam jedoch von Teilnehmenden des Kirchentages. In einer Resolution wandten sie sich gegen einen „Ausverkauf der Menschenrechte“ und einen „Frontalangriff auf den Rechtsstaat und das Flüchtlingsrecht“. Geflüchtete erwarte an den EU-Außengrenzen künftig nur ein Schnellverfahren ohne inhaltliche Prüfung der Fluchtgründe. Eine große Mehrheit der etwa 500 Anwesenden bei einer Veranstaltung im „Zentrum Menschenrechte“ stimmte für die Resolution. Allerdings gab es auch zweistellige Zahlen von Gegenstimmen und Enthaltungen.